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Die Rechtsstellung der deutschen Kolonisten

(Teil 1 non 3)

bei Odessa
bei Odessa

Die Kolonisten jedes einzel-nen Dorfes bildeten die Dorfgemeinde. Aus ihr wurde von der Dorfgemeindever-sammlung der Schulze1 (Vorsteher einer Dorfge-meinschaft) auf 2 Jahre gewählt. Ihm stand ein Schreiber zur Seite.

Schreiber wurden als die Gebildetsten angesehen und spielten daher eine wesent-liche Rolle. Die Zehntmänner, d. h. von je zehn Wirtschaften ein Mann, vertraten mit dem Schulzen die Gemeindeinteressen im Gebiet.

Wappen des Russischen Kaiserreiches
Wappen des Russischen Kaiserreiches

Die Verantwortung und die Aufgaben waren den Schulzen in den “Instruktionen” von der zaristischen Regierung vor-geschrieben.

Sie hatten über das moralische und wirtschaftliche Wohl des Dorfes zu wachen.

In 14 Punkten waren die Verordnungen für die Schul-zen1 und ihr Verhältnis zu ihrem übergeordneten Di-rektor, dem Oberschulzen2, festgehalten:

Die Schulzen müssen bei hoher Strafe alles dem Befehlshaber [Oberschulze] rapportieren und sich für alles Übel des Dorfes verantworten. ….... Sollte die Gemeinde [Bürgergemeinde] die Schulzen nicht hören und nicht respektieren wollen, so steht es ihm frei, wie in allen Ländern, mit dem Prügel dreinzuschlagen. ….... Diese 14 Punkte soll ein jeder Schulze bei sich haben, wie auch ein jeder Lehrer der Gemeinde und sollen alle Monat in der Kirche laut und deutlich vorgelesen werden, damit ein jeder weiß ohne Ausrede, was er zu tun hat …. Weiter haben sie pflichtmäßig darauf zu sehen, … dass die Kolonisten sich nicht dem Müßiggange, Trunkenheit und der Verschwendung ergeben oder Freveltaten begehen; … dass arme und gebrechliche Kolonisten unter keinem Vorwand sich herum treiben oder betteln gehen … Die Schulzen sind schuldig mit aller Macht es dahin zu bringen, dass die Üppigkeit und Verschwendung unter den Kolonisten ausgerottet werde … Die Schulzen haben streng darauf zu sehen, dass ein jeder Wirt sein Wohnhaus, Scheune, Stallungen und Umzäunungen in bester Ordnung, Reinlichkeit und Reparatur erhalte … Die Schulzen sind verpflichtet in jedem Dorf strenge darauf zu halten, dass auf die Gassen keine Unreinlichkeit geworfen, sondern immer gehörig gereinigt werden…

aus: David Heinrich Epp: Die Chortitzer Mennoniten, Odessa, 1889

 

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Anmerkungen

1 Schulze = spätmhd. schultz, schultesse, gekürzt aus mhd. Schultheiß, eine westgerm. Substantivbildung zu Schuld und heißen befehlen. Im deutschen Mittelalter wurde der Schultheiß zum obrigkeitlichen Vorsteher besonders in den Dörfern, er hat bei der deutschen Ostkolonisation eine wichtige Rolle gespielt.

2 Der Oberschulze wurde von den Schulzen und den Zehntmännern auf drei Jahre gewählt. Die Aufgabe des Oberschulzen bestand darin, mehrere Kolonien zu leiten und zu verwalten. Um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können, wurde er von den Mitgliedern der Kolonie teilzeitig oder vollzeitig angestellt.