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Die Handelsverbindungen Russlands im Mittelalter

Bereits in vorhansischer1 Zeit bestand im Nord-Ostsee-Gebiet ein umfangreiches Geflecht von Handelsverbindungen. Der Fernhandel spielte sich doch vorwiegend auf Flüssen und im küstennahen Gewässer ab.

A. Wasnezow: Moskau unter Iwan Kalita
A. Wasnezow: Moskau im 14. Jahrhundert

Der Kaufmann war zugleich auch Seemann.

Er begleitete seine Ware, und verkaufte (tauschte) sie am Zielort. Oft teilten sich mehrere Kaufleute ein Schiff und schlossen sich in den Städten zu Gilden zusammen. Daraus ergab sich die Einrichtung gemeinsamer Kontore (Höfe) in den Städten der Handelspartner.

Mit den Gotländern fuhren deutsche Kaufleute nach Nowgorod. Das Reisen nach Russland war eine beschwerliche und nicht immer ungefährliche Angelegenheit. Die Fahrt ging über die Newa, den Ladogasee, den Fluss Wolchow, wo die Güter auf Flussschiffe umgeladen wurden.

Hanse (mittelalterl. nordd. Kaufmanns- u. Städtebund)
Hanse (mittelalterl. nordd. Kaufmanns- u. Städtebund)
Apollinari M. Wasnezow: Markt in Nowgorod
Apollinari M. Wasnezow: Nowgorod

 

Nowogorod Weliki (Große Neustadt) war schon im mittelalterlichen Reich der Kiewer Rus2 eine blühende Handels- und Kulturgroßstadt mit mehreren 10.000 Einwohnern.

Nowgorod war Umschlagplatz sowohl für den ostwestlichen Handelsaustausch und den Transithandel über die Ostsee zum Orient wie für den binnenrussischen Warenverkehr.

An wirtschaftlicher, politischer und kultureller Bedeutung wurde die Stadt von keiner anderen im Osten übertroffen.

Weliki Nowgorod im 16. Jahrhundert
Weliki Nowgorod im 16. Jahrhundert

Nowgorod wurde durch seine verkehrsgünstige Lage zum Kreuzungspunkt der alten Handelsrouten.

Richtung Norden führten die Flüsse Lowat und Wolchow, über den Ladogasee und die Newa zum finnischen Meerbusen, und über Nowgorods Tochterstadt Pleskau gelangte man zur Bucht von Riga.

Über die südlichen Wasserstraßen hatte man Handelsbeziehungen zum Schwarzen Meer (Dnjepr) und zum Kaspischen Meer (Wolga). Über das südliche Landstück, das die beiden Flüsse voneinander trennt, wurden die Schiffe geschleift.

russischer Pelzhändler (Holzschnitzerei (zweite Hälfte 15. Jahrhundert) im Kirchengestühl des Lübecker Mariendoms)
russischer Pelzhändler

Die günstige Anbindung Nowgorods an die Ostsee hatten schon im 11. Jahrhundert bäuerliche Seefahrer Gotlands für Handelsgeschäfte ausgenutzt.

In der Gegenrichtung suchten Nowgoroder Händler Visby, die norddeutschen Küstenstädte und Dänemark auf. Als sich in der Mitte des 12. Jahrhunderts aus der Genossenschaft der Gotland besuchenden deutschen Kaufleute die Keimzelle der Hanse entwickelte, folgten lübeckische, westfälische und sächsische Kaufleute den Spuren der gotländischen Nowgorodfahrer.

Sie fanden in Nowgorod zunächst Aufnahme in der gotländischen Handelsniederlassung, dem Gotenhof, mit der erstmals um 1180 erwähnten Kirche des heiligen Olav. Später bemühten sie sich um gesonderte Niederlassungsrechte und gründeten Anfang des 13. Jahrhunderts den Sankt Peterhof.

Dschingis-Khan
Dschingis-Khan

 

Von den Verwüstungen der Mongolenüberfälle Dschingis-Khans verschont, war Nowgorod zeitweise das Zentrum der Russischen Fürstentümer und der Sitz des Großfürsten.

Im Spätmittelalter war Nowgorod eine frühdemo-kratische Stadtrepublik mit guten Kontakten zuerst zu deutschen Kaufleuten, später zur Hanse, die dort eines ihrer vier Kontore, den Peterhof, unterhielt.

Lange Zeit stand Nowgorod in Konkurrenz zum aufsteigenden Großfürsten-tum Moskau, wobei Nowgorod die freiheitlichere Gesellschaftsordnung repräsentierte. 1478 endete diese Rivalität jedoch mit dem Sieg Moskaus über Nowgorod.

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Anmerkungen

1 Hanse = (althochdeutsch hansa = Gruppe, Kriegerschar, Gefolge; mittelhochdeutsch hanse = Kaufmannsgilde, Genossenschaft) Organisation von niederdeutschen Fernkaufleuten, die sich, um ihre Handelsinteressen besser durchsetzten zu können, schon im 11. Jahrhundert zuammenschlossen. Es wurden immer mehr Handelsstädte in diese Organisation aufgenommen, sodass die Hanse im 13. Jahrhundert ein selbstbewusstes Städtebündnis war und ein Jahrhundert später eine Großmacht im Nord- und Ostseeraum.
1356 wurde aus dem lockeren Staatenbund der Bund „van der düdeschen Hanse“ unter der Leitung Lübecks und nur zwei Jahre später wandelte man die Kaufmannshanse in eine Städtehanse um ("steden van der düdeschen hanse"), der rund 70 große und 100 bis 130 kleinere Städte angehörten. Diese Städte lagen in einem Gebiet das heute sieben europäische Staaten umfasst. Ziel der Hanse war die Sicherheit der Überfahrt und die Vertretung gemeinsamer wirtschaftlicher Interessen besonders im Ausland.
Vom 13. bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts beherrschte die Hanse weitgehend den Fernhandel des nördlichen Europa, konnte aber nie eine Monopolstellung erringen. Die hansischen Kaufleute versorgten West- und Mitteleuropa mit den Luxuswaren, Nahrungsmitteln und Rohstoffen des nördlichen und östlichen Europa. Hierzu gehörten z.B. Pelze, Wachs, Getreide, Fisch ebenso Flachs, Hanf, Holz und Holzbauprodukte wie Pech, Teer und Pottasche. Im Gegenzug brachten die Hansekaufleute in diese Länder die gewerblichen Fertigprodukte des Westens und Südens wie Tuche, Metallwaren, hier insbesondere Waffen, und Gewürze.
Zentrale Umschlagplätze dieses Handels waren die Kontore der Hanse in Nowgorod in Nordwestrussland (St. Peterhof), in Bergen in Norwegen (Deutsche Brücke), in Brügge in Flandern und in London in England (Stalhof).

1 Kiewer Rus = mittelalterliches Großreich mit Zentrum in Kiew. Es wird als Vorläuferstaat der heutigen Staaten Russland, Ukraine und Weißrussland angesehen.