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Die deutschen Siedlungen im Schwarzmeergebiet

Der 2. Weltkrieg

Rumänische Soldaten
Rumänische Soldaten

Der 2. Weltkrieg sollte schließlich das endgültige Ende der Deutschen im Russischen Reich bedeuten.

Nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 gerieten die Schwarzmeerdeutschen1 zwischen die Fronten zweier totalitärer Systeme. Sie mussten die schwerste Bewährungsprobe in ihrer Geschichte und ihrer Existenz als nationale Minderheit bestehen, die sie mit großen Opfern bezahlten.

Der Krieg Deutschlands gegen die Sowjetunion war für Stalin Anlass, das Schicksal der deutschen Minderheit in der Sowjetunion zu besiegeln. Die überwiegende Mehrzahl der Russlanddeutschen (ca. 400.00 Wolgadeutsche, 53.000 Krimdeutsche, 45.000 Kaukasiendeutsche) wurde in entlegene Gebiete des Landes (vorwiegend Sibirien, Kasachstan und Ural) deportiert und zur Zwangsarbeit (Trudarmee2) eingesetzt. Sowohl Deportation als auch Zwangsarbeit forderten viele Opfer.

1941 - deutsche Panzertruppe fährt durch ein russisches Dorf
1941: deutsche Panzertruppe
fährt durch ein russisches Dorf

Infolge der raschen Besetzung des Schwarzmeergebietes durch rumänische und deutsche Truppen kam ein Teil der Deutschen (rund 228.000), die die sowjetischen Behörden nicht mehr rechtzeitig “evakuieren“ konnten, zeitweilig unter den “Schutz“ des Deutschen Reiches. Damit kamen sie aber nur von einem totalitären System in ein anderes; die "Befreiung" von Stalins Herrschaft brachte ihnen eine andere Gewaltherrschaft mit neuer Entrechtung und Erniedrigung.

Sie wurden nun als "Volksdeutsche3" bezeichnet und wurden nach rassenbiologischen und rassenpolitischen Merkmalen kategorisiert und in der Deutschen Volksliste erfasst, die als Grundlage für die spätere Übergabe der deutschen Einbürgerungsurkunden dienten. In der Praxis bedeutete dies, dass Juden, Kommunisten, Sowjet- und Wirtschaftsfunktionäre "unschädlich gemacht" wurden, d. h. man erschoss sie oder brachte sie in Konzentrationslager. Das beschlagnahmte Eigentum wurde zur "Besserstellung der Volksdeutschen" an diese verteilt.

Die Umsiedlung

Schlacht um Stalingrad
Hitlers Durchhalteparolen
"Kämpfen bis zum bitteren Ende"
kosteten Tausende Soldaten das Leben

Nach der verlorenen Schlacht von Stalingrad, im Winter 1942/43, die die Wende brachte, begann die deutsche Wehrmacht, die sich in Russland auf dem Rückzug befand, mit der Evakuierung (Administativ-umsiedlung) der Schwarzmeer-deutschen, die die Rache der Sowjets und der Roten Armee fürchteten. Sie sollten in den Reichsgau Warthegau4 umgesiedelt werden und die ethnischen Verhältnisse aus der Zeit vor der Erwerbung dieses Gebietes durch Polen (vor 1919 waren fast 50% der Gesamtbevölkerung Deutsche) wiederherzustellen.

Reichsgau Warthegau im Großdeutschen Reich, 1945
Reichsgau Warthegau im Großdeutschen Reich, 1945

 

Flüchtlinge
Flüchtlinge

Wegen der damals üblichen Durchhalteparolen "Kämpfen bis zum bitteren Ende" kam der Abmarschbefehl oft so spät, dass nur noch eine überstürzte Flucht möglich war.

Viele Schwarzmeerdeutsche verließen ihre Heimat zum ersten Mal.

Die Umsiedlung war am 17. Juli 1944 abgeschlossen und betraf rund 228.000 Menschen. Damit endete die Geschichte der deutschen Kolonien im Odessagebiet.

mehr über die Umsiedlung der Schwarzmeerdeutschen ...... die Umsiedlung der Schwarzmeerdeutschen

 

Der Verlauf der sowjetischen Offensive erfasste im Januar 1945 die östlichen Teile des Warthegaus als erstes. Die russische Front drang täglich 50 bis 70 Kilometer vor und ließ schon ab Februar keine Fluchtbewegungen mehr zu; weite Teile Westpreußens und fast das gesamte Warthegau waren bereits besetzt. Millionenfach ergoss sich ein Exodus aus fliehenden Trecks nach Westdeutschland.

die Flucht aus dem Warthegau ...... die Flucht aus dem Warthegau

 

Nur ein kleiner Teil der Schwarzmeerdeutschen, der sich nach Kriegsende in den westlichen Besatzungszonen Deutschlands aufhielt, gelang es unterzutauchen. Andere konnten nach Amerika weiterreisen. Der größere Teil der Schwarzmeerdeutschen wurde den sowjetischen Kommandos übergeben und repatriiert. Bei dieser „Repatriierung“ kam es vielfach zur Trennung von Familien.

Die Deportation der Repatriierten

Deportation
Deportation

Doch keiner der „Repatriierten” durfte in sein Heimatdorf zurückkehren. Wer bis dahin überlebt hatte, wurde in den hohen Norden, nach Sibirien, nach Kasachstan oder nach Mittelasien vertrieben und unter die Aufsicht des Innenkommissariats gestellt. Dort erlitten sie ein ähnliches Schicksal wie die Wolga-, Kauksaus- und Krimdeutschen. Tausende starben an Entkräftung, Verwundung, Krankheit und Hunger.

 

Arbeitslager
ein Arbeitslager in Russland

Auch nach Kriegsende konnten die überlebenden Schwarzmeerdeutschen nicht in die alten Heimatdörfer zurückkehren und selbst nach dem Tod Stalins, der eine Teilamnestie vom 13. Dezember 1956 zur Folge hatte, blieb den Deportierten die Rückkehr in die Wohnorte der Vorkriegszeit “auf ewige Zeiten“ verboten.

Der Ministerrat der Ukraine bekräftigte das Rückkehrverbot in die Gebiete Dnjepropetrowsk, Saporoshje, Nikolajew, Odessa, Cherson und Krim am 15. Dezember 1956 und am 21. März 1958.

Erst Anfang der 1970er Jahre wurde dieses Verbot aufgehoben. Danach kehrten einige tausend Schwarzmeerdeutsche in die Ukraine zurück; andere wiederum stellten einen Antrag zur Ausreise nach Deutschland.

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Anmerkungen

1 Schwarzmeerdeutsche = Bezeichnung für die deutschen Kolonisten, die in Neurussland, Bessarabien und in der Dobrudscha (heute rumänisches und bulgarisches Gebiet) siedelten. Die deutsche Kolonien erstreckten sich am Nordufer des Schwarzen Meeres bei Odessa (zwischen den Flüssen Bug und Dnister), auf der Krim (Krimdeutsche) und im Nordkaukasus (Kaukasusdeutsche). Die Schwarzmeerdeutschen sind eine Untergruppe der Russlanddeutschen.
Die planmäßige Besiedlung begann unter Katharina II. und fand unter Alexander I. ihren Höhepunkt. In der späteren Sowjetunion wurden sie dann Russlanddeutsche genannt. Ihr Siedlungsgebiet befindet sich heute in der Ukraine, in Rumänien und in Moldavien.

2 Trudarmee = Arbeitsarmee (russ.: Трудовая армия Trudowaja armija, kurz трудармия Trudarmija) war eine militarisierte Form der Zwangsarbeit in der Sowjetunion während und nach dem Zweiten Weltkrieg von 1941 bis 1946. Betroffen davon waren vor allem Russlanddeutsche aber auch die finno-ugrischen Komi, sowie Rumänen, Ungarn und Italiener.
Die meist unschuldigen Häftlinge wurden aufgrund ihrer deutschen Abstammung als kostenlose Arbeitskräfte eingesetzt, wofür sie wie die letzten Verbrecher und Mörder behandelt wurden. Der Unterschied der Trudarmee zum Gefängnis lag nur darin, dass die Menschen nicht eingesperrt, sondern in einer Arbeitskolonie untergebracht wurden. Die Gefangenen, die sich über 100 Meter von den Baracken entfernten, wurden kaltblütig erschossen. Alle Häftlinge standen unter spezieller Aufsicht des NKWD (Innenministerium der UdSSR) und durften den Wohnort nicht ohne Erlaubnis des NKVD verlassen.

2 Volksdeutsche = (bes. nationalsozialistische) Bezeichnung für die außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches und Österreichs ansässigen Personen deutscher Volks- und fremder Staatszugehörigkeit [besonders in ost- und südosteuropäischen Ländern bis zur Umsiedlung im 2. Weltkrieg (1940/1945) und der Vertreibung (1947)]. Wer in die Deutsche Volksliste aufgenommen worden ist, erhielt ein späteres Anrecht auf die deutsche Staatsangehörigkeit.

4 Die von 1939 bis 1945 als Warthegau oder Wartheland bezeichnete Region war vor dem Angriff Deutschlands auf Polen im September 1939 polnisches Staatsgebiet. Historisch gesehen bestand der Warthegau aus zwei Teilen, aus der westlich gelegenen ehemaligen deutschen Provinz Posen (vor 1919) und den östlich gelegenen polnischen (vor 1916 russischen) Gebieten um Lodsch. Im westlichen Teil (Provinz Posen) stellten die Deutschen zum Zeitpunkt der preußischen Volkszählung von 1910 rund 45 % der Gesamtbevölkerung.
Nachdem diese Provinz im Zuge des Versailler Vertrages 1919 von Polen annektiert wurde, sank die Anzahl der Deutschen in diesem Gebiet rapide ab, so dass diese zu Beginn des Zweiten Weltkrieges weniger als 15 Prozent der Gesamtbevölkerung dieses Gebietes stellten. Der Grund für den Rückgang des deutschen Bevölkerungsanteils nach 1919 ist im Wesentlichen in der Politik der ethnischen Homogenisierung des nationalistischen polnischen Diktators Józef Piłsudski zu sehen. Dieser versuchte den Anteil der Deutschen massiv zu reduzieren, z.B. Massenausweisungen nach Deutschland, entschädigungslose Enteignungen von zumeist adligem deutschem Großgrundbesitz und Ansiedlung polnischer Kleinbauern, Schulpolitik (ausschließlich in polnischer Sprache) und einer Vielzahl von Diskriminierungen im öffentlichen Leben.
Von 1939 – 1941 wurden 280.606 ethnische Polen und Juden, die in Gebieten des Warthegaus oder Danzig-Westpreußens wohnten, ins Generalgouvernement Polen vertrieben, um Platz für die Deutschen zu schaffen.  Nach 1940 konzentrierte sich die NS-Politik zunehmend auf die Ansiedlung deutscher Bevölkerung im Warthegau.
Hierzu wurden eine Vielzahl von Volksdeutschen (Baltendeutsche, Wolhyniendeutsche, Bessarabiendeutsche, Buchenlanddeutsche, Dobrudschadeutsche) aus dem Gebiet der Sowjetunion angesiedelt und fanden dort oft in Höfen und Häusern vertriebener Polen Unterkunft.