Einleitung

unter den christlichen Kirchen gibt es verschiedene Konfessionen, d. h. Glaubensgemeinschaften. Wir unterscheiden zwischen den Katholiken und den Protestanten (die evangelische Kirche).

Innerhalb dieser beiden Glaubensrichtungen gibt es jedoch unterschiedliche Abspaltungen.

Schlosskirche in Torgau (Sachsen); der erste protestantischer Kirchenbau, der am 5. Oktober 1544 durch Luther eingeweiht wurde. Alle anderen Kirchen sind nach der Reformation umgewandelt worden, was man heute noch gut an der Ausstattung erkennen kann.
Schlosskirche in Torgau (Sachsen);
erster protestantischer Kirchenbau;
er wurde am 5. Oktober 1544
durch Luther eingeweiht

Während die luthe-rische, reformierte1 und die anglika-nische Kirche direkt auf die Reformation zurückgehen, setzt die Geschichte der Baptisten und Me-thodisten erst später, im 17. und 18. Jahrhundert, ein.

Die vielen Teilungen in selbständige Kirchen mit je eigenem Glaubensbekenntnis ist eine Besonderheit des Protestantismus, das seit seiner Entstehung kennzeichnend ist. Grund dafür ist die Ablehnung einer kirchlichen Zentralgewalt, die des Papstes.

Petrus Waldes
Waldes (Lutherdenkmal in Worms)

Lange vor der Reformation (Vor-reformation) haben sich mutige Männer für eine Reform der katholischen Kirche eingesetzt. So war Petrus Waldes im Frankreich des 12. Jahrhunderts der erste unter ihnen. Ihm folgten der englische John Wyclif im 14. Jahr-hundert und Jan Hus im Böhmen des 14. und 15. Jahrhunderts.

Ihre Lehren (Besinnung auf die Heilige Schrift, Kritik an der kirchlichen Hierarchie) sollten dann Luther und andere Reformatoren des 16. Jahrhunderts beeinflussen.

Puritaner
Puritaner

Seit der Reformation (1517-1648) haben unterschiedliche theologische Strömungen den Protestantismus immer wieder verändert.

Zu nennen sind hier der Puritanismus in England und in Schottland im 16. und 17. Jahrhundert, die Lutherische Orthodoxie2 im 17. Jahrhundert, der Pietismus3 im 17., 18. und 19. Jahrhundert, die liberale Theologie4 und die Erweckungsbewegung5 im 19. Jahrhundert.

Ulrich Zwingli
Ulrich Zwingli

Im 16. Jahrhundert kritisierten Martin Luther, Ulrich Zwingli und viele andere die mittelalterliche Kirche. Der mittelalterliche Katholizismus lehrte, dass der Mensch über viele Stufen schließlich zu seinem Heil gelange.

Auf diesem Weg war er allerdings auf die Hilfe der Kirche angewiesen, weil diese die zum Heil nötigen oder nützlichen Mittel, wie Sakramente, Wallfahrten, Fasten, Ablässe, Stiftungen usw. verwaltete.

Die Reformatoren wandten sich mit der Begründung, dass das biblische Evangelium etwas anderes lehre, dagegen, denn Gott spreche alle Menschen von ihren Sünden frei und lasse ihnen die Strafen nach, wenn sie an das einzig wirksame Mittel, Christus („solus Christus“), glaubten („sola fide“).

sola scriptura
sola scriptura: allein die Schrift
ist die Grundlage des christlichen Glaubens,
nicht die kirchliche Tradition

Das ist die viel zitierte Rechtfertigungslehre, die zusammen mit der Lehre der Schrift („sola scriptura“, statt Bibel plus kirchliche Tradition) zu den Grundpfeilern des Protestantismus gehört und ihn vom Katholizismus wesentlich unterscheidet. Von dieser Grundlage her schaffte die protestantischen Kirche bisherige „unevangelische“ religiöse Praktiken und Lehren, wie z.B. die Messe, das Fasten oder die Vorstellung vom Fegefeuer, ab.

Martin Lutero
Martin Lutero

 

Während die evangelisch-lutherische Kirche auf den Reformator Martin Luther (*Eisleben 1483, †1546 ebenda) zurückgeht, beruft sich die protestantisch-reformierte Kirche auf Ulrich Zwingli (*Wildhaus 1484, † Kappel am Albis 1531) in Zürich und den französischen Reformator Johannes Calvin6 (*Noyon 1509, †Ginevra 1564) in Genf, dessen Denken die reformierten Kirchen Westeuropas und die englischen Presbyterianer7 nachhaltig geprägt hat.

Internationales Reformationsdenkmal in Genf: die Führer der Genfer Reform: von links: Guillaume Farel, Johannes Calvin, Theodor Beza und John Knox
Internationales Reformationsdenkmal in Genf: die Führer der Genfer Reform:
von links: Guillaume Farel, Johannes Calvin, Theodor Beza und John Knox

Genau wie Martin Luther lehnte sich auch Johannes Calvin gegen die kirchliche Zentralgewalt, den Papst, auf.


klicke auf das Bild, um es vergrößert zu sehendie katholische Kirche wird von 7 historischen Gestalten und einem allegorischen Vertreter der Reformation angegriffen:
            1 Martin Luther (1483–1546), 2 “Unhold,”  3 Philipp Melanchthon (1497–1560), 4 Ulrich Zwingli (1484–1531), 5 Johann Oecolampadius (1482–1531), 6 Caspar Schwenckfeld (1490–1561), 7 Andreas Rudolf Bodenstein (1482–1541), 8 Jean Calvin (1509–1564).
            Alle acht werden von verschiedenen Teufeln unterstützt. Die katholische Kirche wird durch seine vier Türme unterstützt und gestärkt, die jeweils mit einem der vier Kirchenlehrer der Westkirche identifiziert sind: Hl. Ambrosius (339-397), Hieronymus 347-420), St. Augustinus von Hippo (354-430) und Gregor der Große (540-604).
antiprotestantischer Holzschnitt aus dem späten 16. Jahrhundert:
Luther und seine Gesellen;

Während das Luthertum im wesentlichen auf die deutschen Territorien und den skandinavisch-baltischen Raum beschränkt blieb, griff der Calvinismus von Genf aus auf Frankreich, die Niederlande, Deutschland, Schottland, England und die englischen Kolonien in Amerika aus.

 

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1 reformierte Kirche (oft auch: evangelisch-reformierte Kirche): auf die Reformation Ulrich Zwinglis und Johannes Calvins (Calvinismus) zurückgehende Kirchengemeinschaften, die hauptsächlich in der Schweiz, in Schottland, in einigen Teilen Deutschlands, in Frankreich, in Ungarn und den USA (Presbyterianer) verbreitet ist.

2 Die protestantische Orthodoxie oder auch Zeitalter der Konfessionalisierung genannt, bezeichnet eine theologiegeschichtliche Phase der Konsolidierung der lutherischen Theologie im Anschluss an die Wirren der Reformationszeit, ungefähr von 1580 bis 1730.

3 Der Pietismus ist nach der Reformation die wichtigste Reformbewegung im kontinentaleuropäischen Protestantismus. Der Pietismus entsprang einem Gefühl der mangelhaften Frömmigkeit, unzureichender christlicher Lebensführung und dem Drang zur Überprüfung des persönlichen Glaubens. Theologisch reagiert er auf die Spannung und das Trauma des Dreißigjährigen Krieges, durch Neuorientierung auf die Bibel bzw. die christlichen Traditionen.

4 Die Liberale Theologie ist eine im 19. Jahrhundert beginnende, theologische Strömung vor allem im evangelischen Christentum. Die Liberale Theologie verfolgt das Ziel, die Theologie auf humanistischen und geisteswissenschaftlichen Grundlagen zu betreiben und dadurch unabhängiger von Dogmen, kirchlichen Traditionen und Glaubensinhalten zu sein.

5 Erweckungsbewegung = innerhalb des Protestantismus im 18./19. Jahrhundert in Europa (Großbritannien, Skandinavien, Schweiz, Deutschland, Frankreich) und Neuengland aufgebrochene geistliche Erneuerungsbewegungen. Zur ersten Erweckungsbewegung wurde der Methodismus.

6 Johannes Calvin wurde als Jean Cauvin am 10. Juli 1509 in Frankreich, in Noyon, in der Picardie, geboren. Studierte Jura und Humanismus, wodurch er mit reformatorischem Gedankengut in Berührung kam. In den Jahren 1533/34 bekannte er sich zur Reformation.
Als die Verfolgung der französischen Protestanten begann, floh er 1535 aus Frankreich nach Basel, wo die erste Auflage seines später berühmten Hauptwerks, der „la Institutio christianae religionis“, des „Unterrichts in der christlichen Religion“ entstand.

7 Presbyterianer = auf calvinistischer Grundlage stehende Kirchen, besonders in Schottland und in den USA; sie gehören dem Reformierten Weltbund an.
Der Begriff "Presbyterianer" kommt vom griechischen »presbyteros«, der "Älteste". Damit ist die Leitung der Gemeinde durch ihre "Ältesten" gemeint, also durch gewählte Vertreter der Gemeinde. Dies wird im Gegensatz gesehen zur Leitung durch Bischöfe und Priester wie z.B. in der Katholischen Kirche. Hier ist der Begriff Presbyter ein anderes Wort für "Priester".