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Neuankömmlinge

(Teil 1 von 2)

Lage von Menorca in Europa
Lage von Menorca in Europa

Aber zurück zum Schwedendorf. Durch die hohe Sterblichkeit der Schweden sollte die Kolonie wieder aufgefüllt werden.

Als Spanien 1781 die Insel Menorca eroberte, wurden die dort lebenden Griechen und Italiener, die in englischen Diensten standen, vertrieben.
Katharina II., die die Osmanen aus Europa vertreiben wollte, sah die Gelegenheit gekommen, ein "griechisches Kaiserreich" unter einer Sekundogenitur des Hauses Romanow zu errichten (griechisches Projekt) und beauftragte den Grafen Demetrio I. Mocenigo del Zante, "Marine-Generalkommissar" in der Toskana, und den Vizeadmiral Jakob Filipowitsch Suchotin, Kommandant der Schwarzmeerflotte, „diesen vertriebenen Griechen allen Beistand zu leisten“ und „ihnen die Übersiedlung nach Südrussland anzubieten.

Jakob Filipowitsch Suchotin
Jakob Filipowitsch Suchotin

In einer Zeitungsanzeige erweiterte Mocenigo die Einladung auf "andere Vertriebene von der Insel Menorca." Da sich allerdings nur 17 Familien meldeten, dehnte Mocenigo die Einladung auch auf andere Auswanderunsgwillige aus.

Von August 1782 bis Juli 1783 schickte Mocenigo fünf Schiffe mit 1.010 Sarden aus Korsika und Italienern aus Lucca in Toskana nach Südrussland. Das fünfte Schiff konnte wegen widriger Winde nicht die Dardanellen passieren und musste vor einer Insel ankern. Als dort ein entflohener Kolonist auftauchte und verbreitete, dass die Kolonisten in Cherson schlecht behandelt würden, zettelten einige Einwanderer unter der Führung eines sardischen Feldschers eine Meuterei an.

Jakob Iwanowitsch Bulgakow
Jakob Iwanowitsch Bulgakow

Sie hatten vor, das Schiff an sich zu bringen und entweder in Algier zu verkaufen oder auf Piratenfahrt zu gehen. Das Boot trieb jedoch auf das Ufer zu und strandete. Als die Meuterer an Land gingen, wurden sie von den Osmanen (Türken) festgenommen. Schnell nahmen sie den Islam an, um sich zu retten, wurden aber dem russischen Gesandten Jakob Iwanowitsch Bulgakow in Konstantinopel ausgeliefert. Der stellte sie unter das Kommando eines Engländers, weil dieser „mit solchen Ungeheuern umgehen kann, da er mehrfach Neger von Afrika nach Amerika überführt hat“.

Ein Teil der Sarden und Italiener kamen in Ketten gelegt im tatarischen Dorf Acht-Jar (heute Teil von Sewastopol) an. Das Gericht verurteilte die Anführer zum Tode, wurden jedoch von Fürst Grigory Potymkin zu langjähriger Zwangsarbeit begnadigte.

Fürst Potemkin
Fürst Grigory Potymkin

Im Juni 1783 wurden insgesamt 38 italienische Familien mit 235 Seelen in leeren Häusern der Schwedenkolonie untergebracht. Dort hielten sie es jedoch nur wenige Tage aus und flohen in Richtung Cherson.
Die meisten konnten zwar wieder eingefangen werden, doch baten die Schweden, sie von den südländischen Nachbarn zu befreien. Grund kann die katholische Religion der Italiener gewesen sein und/oder deren dunkle Haut.

Was nun mit den Italienern? Die russische Verwaltung kam ins Grübeln und veranstaltete eine Umfrage unter den Italienern. Von 591 Personen beiderlei Geschlechts äußerten nur 250 den Wunsch, Landwirt zu werden. Die übrigen zogen es vor, sich als Handwerker oder Tagelöhner in den Städten niederzulassen, wo viele von ihnen an der Pest und Mangel an Unterkunft und Verpflegung starben. 56 Personen fanden Unterschlupf in einer Jäger-Rotte und wohl weitere 71 Personen ebenfalls im Militärdienst.
130 Italiener, die sich für die Landwirtschaft entschieden hatten, wurden 1784 in den staatlichen Gebäuden der Kreisstadt Pawlohrad untergebracht. Von dort verschwanden sie, ohne dass man in den Archiven irgendwelche Spuren ihres weiteren Schicksals gefunden hätte.
Der Revisor, den Paul I. nach Neurussland schickte, hörte Ende 1798, dass sich 39 Korsen und Italiener in Karasubazar (ab 1945 Bilohirsk) , acht in Ak-Metschet (heute: Simferopol) und vier in Bağçasaray (heute: Bachtschyssaraj) auf der Krim aufhielten und sich hauptsächlich vom Gartenbau ernährten.

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Krim 1872
Krim 1872
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Anmerkungen

Quelle:
- Detlef Brandes: Von den Zaren adoptiert: Die deutschen Kolonisten und die Balkansiedler in Neurußland und Bessarabien 1751-1914, Oldenbourg Wissenschaftsverlag, 1993, S.38 ff;
- Journal für rationelle Politik nebst Anzeige von anderen Sachen, Gesellschaft von Gelehrten, Hamburg, 1782, S. 210;
- Georg Leibbrandt: Die Auswanderung aus Schwaben nach Russland 1816-1823, Ausland und Heimat Verlags-Aktiengesellschaft, Stuttgart, 1928, S. 110;