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Die Kurpfalz im 17. Jahrhundert

(Teil 3 von )

Die Kurpfalz nach dem Dreißigjährigen Krieg

der Dreißigjährige Krieg, der Mord, Raub und Verwüstung mit sich brachte, wurde 1648 durch den Westfälischen Frieden beendet. Die Kurpfalz wurde größtenteils wiederhergestellt.

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Die Pfalz um 1647
Die Kurpfalz um 1647

Der pfälzische Kurfürst erhielt aber nicht die bisherige Kurwürde zurück, die mit dem Amt des Reichsvikars1 und des Erz -Truchsessenamts verbunden gewesen war: Sie verblieb bei Bayern. Für die Pfalz wurde in der sogenannten Causa palatina2 eine neue, achte Kurwürde geschaffen, die mit einem neu geschaffenen Erzamt, dem des Erzschatzmeisters, verbunden war. Rangmäßig war dies jedoch ein Abstieg, die Pfalzgrafen rutschten dadurch in der Rangfolge der weltlichen Kurämter vom ersten auf den letzten Platz.
Schwer wog auch der Verlust der Oberpfalz an Bayern, die vor dem Krieg erhebliche Überschüsse, vor allem aus dem Bergbau, erwirtschaftet hatte. Ein gewisser Erfolg war allerdings, dass auch die calvinistische Konfession im Westfälischen Frieden als prinzipiell gleichberechtigt neben den Lutheranern und den Katholiken anerkannt wurde.

Das katholische Frankreich war nun die politische und militärische Vormacht in Europa.

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Die Pfalz zählte zu den am meisten in Mitleidenschaft gezogenen Territorien und verlor etwa drei Fünftel ihrer Bevölkerung durch Hunger, Seuchen oder durch plündernde Soldaten. Wer nicht ums Leben kam, floh in vom Krieg verschonte Gebiete.

Bevölkerungsverluste im 30-jährigen Krieg
Bevölkerungsverluste im 30-jährigen Krieg
Karl I. Ludwig
Karl I. Ludwig,
Kurfürst der Pfalz von 1649 bis 1680.

Kurfürst Karl I. Ludwig (1649–1680), Sohn des Winterkönigs Friedrichs V. und der Elisabeth Stuart, aus dem Haus Pfalz-Simmern (Wittelsbach), kehrte Anfang Oktober 1649 aus dem Exil in London zurück und fand ein verwüstetes, zerstörtes menschenleere Land vor. Er konzentrierte sich auf den Wiederaufbau seines Landes und die Konsolidierung der zerrütteten Finanzen.

Um den noch in der Pfalz lebenden Menschen zu helfen, senkte er die Steuern, was aber nicht den gewünschten Erfolg brachte.

Zum Wiederaufbau des durch den langen Krieg verwüsteten Landes fehlte es vor allem an Menschen. Karl I. Ludwig knüpfte an die Peuplierungspolitik3 seiner Vorgänger an.

 

Das menschenleere Land mit neuen Bewohnern zu beleben und den wüsten Boden zu kultivieren, wurden die ausgewanderten Pfälzer zur Rückkehr in die Heimat eingeladen; und nicht etwa nur unbebautes, ödes Besitztum wies der Kurfürst ihnen an, sondern die Bedingungen waren so günstig, dass bei einem so reich gesegneten Boden, wie der pfälzische war, bald die traurigen Spuren der dreißigjährigen Verwüstung schwinden mussten. Wer alte Häuser reparierte, hieß es in der Verordnung vom 7. Mai 1650, sollte auf zwei Jahre und wer neue baute auf drei Jahre von jede Häusersteuer befreit sein; wüste Felder anzubauen, machte ein Jahr frei von Abgaben; wer ganz verwilderte Plätze anbaute, war auf drei Jahre, wer Weinberge wieder anbaute, auf sechs Jahre von jeder Auflage durchaus entbunden. (siehe Geschichte der rheinischen Pfalz, S. 585; Deutschland nach dem dreißigjährigen Kriege: dargestellt in ..., Band 3 von Karl Friedrich Hanser, S. 228)

 

Alte Häuser zu reparieren, so eine Verordnung vom 7. Mai 1650, sollte zwei, der Neubau drei Jahre gänzliche Steuerfreiheit ergeben. Ein wüstes Feld wieder unter den Pflug zu nehmen, machte ein Jahr frei von Abgaben, wer ganz verwilderte Plätze anbaute, genoss drei Jahre Steuerfreiheit. Es sei denn, es handelte sich um einen Weinberg: Dann war man sogar sechs Jahre frei von jeder Auflage. Schon drei Monate später versprach Karl Ludwig weitere Vergünstigungen, um Fremden den Neuanfang in der Kurpfalz zu erleichtern. So sagte er am 7. August 1650 "allen und jeden Ausländischen", die sich in seinem Land "häusslich niederzulassen vorhaben" zu, "Befreiung von Einzugsgeld, Schatzungen, Contributionen und anderen Beschwerungen" zu geben, damit sie "nicht allein vor ihre Person, in Unseren churfürstlichen Landes sich niederzulassen, sondern auch andere mit sich bringen, Ursach und anlaß haben werden." Das bemerkenswerte Dokument, das sich über alle nationalen Unterschiede hinwegsetzt, ist im Karlsruher Generallandesarchiv erhalten.

 

Er versuchte, mittels materieller Anreize die über andere Regionen zerstreuten Pfälzer zurückzuholen. Zwischen 1651 und 1661 ergingen insgesamt vier Befehle an die pfälzischen Untertanen, die während des 30-jährigen Krieges das Land verlassen hatten, zurückzukommen, ansonsten drohte ihnen Verlust ihrer Güter. Besonderen Erfolg hatten diese Aufrufe allerdings nicht.

Vielversprechender war es, Bevölkerung durch Gewährung besonderer Privilegien, wie Steuerfreiheit, religiöder Toleranz oder Prämien für den Wiederaufbau von Häusern, ins Land zu locken. Auf diese Weise gelang es dem Kurfürsten eine erhebliche Anzahl von „Kolonisten“, verfolgte religiöse Minderheiten (Glaubensflüchtlinge) aus ganz Europa, ins Land zu holen.

 

Hierzu soll erwähnt werden, dass das Heilige Römische Reich Deutscher Nation zu der Zeit kein Zentralstaat wie beispielsweise Italien oder Frankreich war, sondern ein Gemisch von über 300 souveränen Herzogtümern, Kurfürstentümern, weiteren weltlichen und geistlichen Fürstentümern, Grafschaften, Stiften, freien Reichsstädten usw.

Das Heilige Römische Reich um 1648
Das Heilige Römische Reich um 1648

Die Entscheidung über die Aufnahme von Glaubensflüchtlingen lag daher nicht in der Hand des katholischen deutschen Kaisers, sondern allein bei den souveränen Fürsten und freien Reichsstädten. Die Rechtsgrundlage für die Ansiedlung stellten Edikte, Privilegien, Konzessionen oder Kapitulationen dar, die von 1554 bis 1732 vorkamen.

 

 

 

, Sozinianer aus Polen, Hutterer aus Mähren, Mennoniten aus der Schweiz und Sabbatarier aus England. Auch die Juden wurden wieder zugelassen. Zusätzlich kamen Reformierte aus den Niederlanden, der Schweiz und Frankreich sowie Lutheraner und Katholiken aus den umliegenden Gebieten. Dadurch verlor die Kurpfalz ihren religiös einheitlichen Charakter, wenn auch die Reformierten weiterhin dominierten.

So gelang es, Bauern und Handwerker aus Frankreich, Holland, England, Schottland und vor allem aus der Schweiz und Tirol in der Pfalz anzusiedeln. Die Rückwanderer und vor allem die Zuwanderer brachten ihre Kenntnisse und Erfahrungen aus ihren Ländern mit und die Pfalz erlebte, ähnlich wie das später im großen Stil durch die Kolonisten in Nordamerika geschah, innerhalb von zwei bis drei Jahrzehnten einen beachtlichen Aufschwung.

Nach dem Krieg war der Bedarf an Bevölkerung so groß, daß Kurfürst Karl Ludwig an die Politik seiner Vorgänger anknüpfte. Zwischen 1651 und 1661 ergingen insgesamt viermal Befehle an die Untertanen, die während des Krieges das Land verlassen hatten, zurückzukommen, sonst drohte ihnen Verlust ihrer Güter. Besonderen Erfolg hatten die Aufrufe nicht. Vielversprechender war es, Bevölkerung durch Gewährung besonderer Privilegien ins Land zu locken, etwa durch Steuerfreiheit oder Prämien für den Wiederaufbau von Häusern. Auf diese Weise ist es gelungen, nach Mannheim eine erhebliche Bevölkerung zu holen, die vor allem aus den Niederlanden kam und die Stadt wieder aufbaute. In diesen Zusammenhang gehören auch die Wiederzulassung der Juden in der Pfalz und die Öffnung für andere religiöse Gruppen, wobei sich die Gewährung von Toleranz als ein ausgesprochen starkes Lockmittel erwies. Hutterer aus Mähren, polnische Sozinianer, englische Sabbatarier und Schweizer Mennoniten kamen auf diesem Weg ins Land. Neben französischen Hugenotten folgten mehrere zehntausend Schweizer der Werbung. Aber auch Lutheraner und Katholiken aus Österreich und den spanischen Niederlanden kamen in die Pfalz. Die alten Exulantensiedlungen wurden wieder aufgebaut, daneben entstanden zahlreiche neue Siedlungen vor allem südlich von Landau (Achenweiher, Billigheim, Erlenbach, Klingen, Rohrbach, Steinweiler, Mörlheim) und im Raum Mannheim (Alsheim-Gronau, Dannstadt, Friesenheim, Mutterstadt, Oggersheim, Oppau, Ruchheim, Schauernheim, Schifferstadt, Friedrichsfeld, Oftersheim, Reilingen, Nußloch).

 

Glaubensflüchtlinge waren die Zugezogenen nur noch teilweise, am ehesten die Hugenotten, die vor der zunehmend aggressiven Rekatholisierung in Frankreich flohen, und die Mennoniten. Die Politik Karl Ludwigs bedeutete den Abschied vom Ideal der konfessionellen Homogenität des Landes. So erlebte die Kurpfalz als Asyl für Glaubensflüchtlinge im ausgehenden 17. Jahrhundert eine späte Blüte. Eine kurze Blüte allerdings. Nach 1685, als König Ludwig XIV. das Toleranzedikt von Nantes widerrief, ergoß sich noch einmal ein Strom von calvinistischen Glaubensflüchtlingen in die Pfalz. Im selben Jahr 1685 übernahm die katholische Linie Pfalz-Neuburg die Regierung in der Kurpfalz, wenig später begann der Pfälzische Erbfolgekrieg, der die Aufbauleistungen nach dem Dreißigjährigen Krieg vernichtete. Jetzt war die Zeit der religiösen Offenheit vorüber. Die Neuburger Kurfürsten betrieben rücksichtslose Gegenreformation. 1699 wurden die calvinistischen Glaubensflüchtlinge aus dem Land gewiesen, und die einheimische reformierte Bevölkerung wurde auf vielfältige Weise drangsaliert. Als Asyl für Glaubensflüchtlinge hatte die Kurpfalz ausgedient. Es gab bessere Alternativen, zum Beispiel Preußen. Neben der politischen und wirtschaftlichen Situation war dies der wichtigste Grund, warum die Kurpfalz seither zum Auswanderungsland wurde.

 

Die Auswanderung ins koloniale Nordamerika (im 17. und 18. Jahrhundert) Anfänge der pfälzischen Nordamerikaauswanderung

Die Anfänge der Auswanderung aus der Pfalz - hiermit ist die historische Landschaft gemeint, die neben der heutigen gleichnamigen Region auch Teile Rheinhessens, des Hunsrücks und die Gebiete um Heidelberg und Mannheim umfasst – liegen in der Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648).[Anm. 1] In diesem Krieg verloren viele Menschen ihr Leben durch Hunger, Seuchen oder durch plündernde Soldaten. Andere flohen in vom Krieg verschonte Gebiete. Insgesamt dürfte die Bevölkerung der Kurpfalz bis Kriegsende um 75 bis 80 Prozent zurückgegangen sein. Nach dem Westfälischen Frieden bemühten sich die Landesherren um den Wiederaufbau ihrer Territorien. So forderte der pfälzische Kurfürst Karl Ludwig seine Untertanen zur Rückkehr auf und suchte durch eine tolerante Bevölkerungspolitik sein Land zu ‚repeuplieren’. Viele Neusiedler aus Nachbargebieten sowie den spanischen Niederlanden, der Schweiz, Tirol und Frankreich folgten in den nächsten Jahrzehnten seiner Einladung. Der Wiederaufbau vollzog sich jedoch aufgrund wirtschaftlicher Probleme und anhaltender kriegerischer Verwicklungen recht schleppend. Handel und Gewerbe waren durch zahlreiche Binnenzölle stark beeinträchtigt, und Missernten und Überschwemmungen führten oft zu prekären ökonomischen Verhältnissen.[Anm. 2] Die Früchte des Wiederaufbaus in der Pfalz wurden vier Jahrzehnte später größtenteils zunichte gemacht. Ludwig XIV. betrachtete den Gewinn des gesamten linken Rheinufers als eines seiner politischen Ziele, daher war die Pfalz wiederholt von Übergriffen betroffen. Am dramatischsten war die Lage im so genannten Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688/89-1697), als französische Truppen das Land besetzten. Heidelberg, Mannheim, Speyer, Worms, Alzey und viele andere Städte und Dörfer wurden gebrandschatzt und Burgen geschleift. Große Teile der Bevölkerung waren wiederum auf der Flucht. Mit Verbitterung sahen zahlreiche Untertanen weiterhin, dass die seit 1685 regierenden Kurfürsten aus der Linie Pfalz-Neuburg die katholische Minderheit – oft handelte sich um mittellose Zuwanderer – begünstigten. Zunächst waren es Neusiedler, die aufgrund der unsicheren Lage auswanderten. Bereits 1660 ließen sich französische Hugenotten, die zuvor in Mannheim Zuflucht gefunden hatten, am Hudson River in der englischen Kolonie New York nieder.[Anm. 3] Gemeinsam mit späteren Zuwanderern gründeten sie 1677 eine Siedlung, die sie zu Ehren ihrer ersten Zufluchtsregion New Paltz nannten. Einige Jahre später wanderten die ersten pfälzischen Mennoniten auf Einladung des Quäkers William Penn in dessen Kolonie Pennsylvania aus, worauf noch einzugehen sein wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach Erlöschen der mittleren Kurlinie 1685 führten die Erbansprüche, die Ludwig XIV. erhob, zum Pfälzischen Erbfolgekrieg. Der Regierungsantritt der (1569 gegründeten) katholischen Linie Pfalz-Neuburg (junge Kurlinie; Residenz 1720-78 Mannheim) brachte der Pfalz eine Art nachgeholter Gegenreformation.

 

 

 

Wenige Jahrzehnte nach dem beschriebenen Aufschwung erfolgte jedoch im Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 die Plünderung und Zerstörung der Pfalz durch Truppen des französischen Generals Mélac, der den Auftrag seines Kriegsministers Louvois ausführte: „Brûlez le Palatinat!“ („Brennt die Pfalz nieder!“) In den Jahren 1717 bis 1732 erlebte die Pfalz ihre bis dahin größte Auswanderungswelle, als etwa 3000 Mennoniten aus religiösen Gründen nach Nordamerika übersiedelten

 

Währen des 30-jährigen Krieges (1618-1648)

vViele Glaubens-flüchtlinge, hauptsächlich die ehemaligen französischen calvinistischenHugenotten, fühlten sich in der Kurpfalz mit dem häufigen Bekenntniswechsel nicht sicher genug. Dies war von hoher Bedeutung, da der Konfession des Landesherren aufgrund der Regel „cuius regio, eius religio“ (wessen Gebiet, dessen Religion) alle Untertanen zu folgen hatten.

Viele fanden in der Pfalz „keine bleibende Statt“ und betrachteten ihre Niederlassung lediglich als eine Etappe auf dem Weg in das „gelobte engelländische America“ das ihnen als das neue Kanaan erschien.

Edikt von Potsdam
Edikt von Potsdam

Ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es zu vereinzelten Auswanderungen nach Übersee und ab 1685 nach Brandenburg, wo „.. den Evangelisch-Reformierten Frantzösischer Nation“ durch das Toleranzedikt des Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg Unterschlupf gewährt wurde.

Relief am Französischen Dom von Johannes Boese (18885): Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg begrüßt ankommende Hugenotten
Relief am Französischen Dom von Johannes Boese (18885):
Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg begrüßt ankommende Hugenotten

 

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1 Reichsvikare: im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation die zur einstweiligen Verwaltung der königlichen Würde von Erledigung des Thrones bis zur Neuwahl, dann bei Minderjährigkeit, langer Abwesenheit oder sonstiger Verhinderung des Kaisers berufenen Personen.
Schon die Goldene Bulle von 1356 erkannte es als altes Herkommen an, dass der Herzog von Sachsen in den Landen sächsischen Rechts und der Pfalzgraf bei Rhein in den schwäbischen, rheinischen und fränkischen Landen das Reichsverweseramt von Rechts wegen zu führen habe.
Die Reichsvikare übten insbesondere die oberstrichterliche Gewalt an Stelle des Kaisers aus; sie errichteten zu diesem Zwecke Reichsvikariatshofgerichte und ermächtigten gemeinsam das Reichskammergericht zur Fortsetzung seiner Tätigkeit. Durch Herkommen stand ihnen auch das Recht zu, Reichstag zu halten und einen bereits bestehenden Reichstag fortzusetzen.

2 In der Causa palatina (4. Artikel des Westfälischen Friedens) wurde 1648 ein 300 Jahre anhaltender verfassungsrechtlicher Konflikt um die Königswahl im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.
Der Konflikt war ursprünglich eine Auseinandersetzung zwischen der pfälzischen und der bayerischen Linie der Wittelsbacher darum, welche Linie als Kurfürsten an der Wahl des römisch-deutschen Königs teilnehmen sollte. Nach der Kirchenspaltung weitete sich der Konflikt im 16. Jahrhundert aus, da die pfälzischen Wittelsbacher den calvinischen Protestantismus annahmen, während die bayerische Linie beim katholischen Glauben blieb. Während des Dreißigjährigen Krieges standen die beiden Linien an der Spitze der Katholischen Liga und der Protestantischen Union und kämpften nicht zuletzt um die Kurwürde. Eine Lösung der Pfalzfrage brachte der Westfälische Frieden durch die Schaffung einer achten Kurwürde.

3 Unter „Peuplierung“ versteht man bevölkerungspolitische Maßnahmen, die der Besiedlung leerer oder bevölkerungsarmer Gebiete dienen soll. Dies sollte zum Bevölkerungzuwachs und zum wirtschaftlichen Gedeihen des Landes beitragen, den allgemeinen Wohlstand erhöhen und nicht zuletzt eine Steigerung der Einkünfte des Landesherren erreichen. Man warb unter Zustimmung verschiedener Vergünstigungen Fachkräfte aus dem Ausland an, die sich meist aus Glaubensflüchtlingen rekrutierten.

 

 

 

 

 

 

2 Sozinianer = eine den Antitrinitariern zuzurechnende religiöse Bewegung in Polen, die nach den italienischen Humanisten Lelio Sozzini und dessen Neffen Fausto Sozzini benannt wurde. Als erster italienischer Antitrinitarier erschien 1549 Francesco Stancaro in Krakau, der „Prototyp des Aufwieglers”. Ihm folgten 1551 Lelio Sozzini, Giorgio Biandrata, Matteo Gribaldi, Giovanni Gentile, Gian Paolo Alciati, Nicolo Paruta, Bernardino Ochino und später Fausto Sozzini. Die Sozinianer lebten ein streng an der Bibel orientiertes pragmatisches Christentum und lehnten die kirchliche Lehre von der Trinität, der Inkarnation und den Sakramenten als dem Wort Gottes, und damit auch der Vernunft, widersprechend ab. Die Sozinianer, 1658 während der Gegenreformation aus Polen ausgewiesen, wandten sie sich v. a. nach Siebenbürgen, Brandenburg, den Niederlanden und England.

 4 Die Hutterer sind eine reformatorische Täuferbewegung, die sich im 16. Jahrhundert in Tirol gebildet hatte. Heute noch leben Hutterer in den USA und in Kanada. Sie orientieren sich streng an der Bergpredigt, lehnen Gewaltanwendung und Kriegsdienst ab und leben in Gütergemeinschaft. Ihre Lehre und Glaubenspraxis waren der Grund, weshalb ihre Mitglieder seit der Gründung im Jahr 1528 verfolgt wurden und häufig emigrieren mussten. Im 16. Jahrhundert wurden sie in Tirol brutal verfolgt. Ca. 400 Hutterer wurden hingerichtet.
Ihren Namen erhielten die Hutterer von Jakob Hutter, dem aus St. Lorenzen stammenden Vorsteher jener Zeit. Am 25. Februar 1536 wurde Hutterer vor dem Goldenen Dachl in Innsbruck auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Zuvor aber hatte er die Flucht von tausenden Täufern aus Tirol nach Mähren organisiert und bewahrte sie damit vor Verfolgung und Hinrichtung. Später zogen die Hutterer weiter ostwärts in die Slowakei, nach Siebenbürgen und Russland. 1874 schließlich wanderten sie nach Amerika aus, wo heute noch über 40.000 Hutterer auf 465 Bruderhöfen in Gütergemeinschaft zusammen leben. Ihre Muttersprache ist hutterisch, eine Mischung aus tiroler-kärntnerischem Dialekt mit slawischen und englischen Lehnwörtern.

 6 Sabbatarier = Sammelbezeichnung für christliche Gemeinschaften, die das Sabbatgebot auch für Christen als verbindlich ansehen. Die Sabbatarier enstanden in Böhmen im 16. Jahrhundert; neben der Feier des Sonntags verlangten sie auch noch die des Sonnabends (Sabbats).

 7 Mennoniten = Anhänger einer evangelischen Freikirche, die die Erwachsenentaufe pflegt u. den Wehrdienst u. die Eidesleistung ablehnt.

 

 

  1 Glaubensflüchtlinge aus der Pfalz = 1688 überfiel Frankreich unter König Ludwig XIV. die Pfalz. Viele Einwohner der Pfalz, die dem reformierten (calvinistischen) Glauben angehörten, mussten ihre Heimat verlassen. Unter ihnen auch Hugenotten die zuvor bereits aus Frankreich geflohen waren. Sie flohen nach Magdeburg, das seit 1648 zum protestantischen Kurfürstentum Brandenburg gehörte. Unter kurfürstlichem Schutz wurde den Flüchtlingen gestattet in der Stadt Magdeburg die Pfälzer Kolonie zu gründen. Diese Kolonie bestand von 1689 bis 1808. Kurfürst Friedrich III. (Friedrich I. in Preußen) hatte den Flüchtlingen im Edikt von Potsdam die gleichen Privilegien wie den schon vorher eingewanderten Hugenotten gewährt.

  2 Glaubensflüchtlinge aus der Schweiz = 1698 waren die schweizerischen Kantone nicht mehr bereit, die immer zahlreicher einwandernden französischen Réfugiés (Waldenser aus dem Pragelatal, Hugenotten) zu behalten. Vor allem die mittellosen Waldenser wurden ausgewiesen und mussten das Land wieder verlassen. Die für Hessen bestimmten Glaubensflüchtlinge schlossen sich im Sommer 1699 in der Schweiz zu sogenannten Brigaden zusammen, um gemeinsam nach Deutschland zu reisen.