Ignaz Lindl

Jesuitenkolleg St. Salvator, 1723
Jesuitenkolleg St. Salvator
in Augsburg, 1723

ignaz Lindl, Sohn der Gastwirte Urban und Monika Lindl, ge-borene Friedl, wurde am 3. Oktober 1774 in Baindlkirch bei Ried (Bayern) geboren.

Er studierte am Ex-jesuitenkolleg St. Salvator in Augsburg und in Dillingen.

Nachdem Lindl 1799 zum Priester geweiht wurde, erhielt er die Kaplanstelle in seinem Heimatdorf Baindlkirch. Er war ein katholischer Priester mit charismatischer Ausstrahlung.

Lindl in Baindlkirch klicke hier 

 

 

Johannes Evangelista Goßner
Johannes Evangelista Goßner

Um 1812 fand er Anschluss an die Allgäuer Erweckungs-bewegung um den römisch-katholischen Priester Martin Boos (1762-1825) und Johannes Goßner (1773-1858). Letzterer brachte ihn in Verbindung mit der Basler Christen-tumsgesellschaft1 und Christian Friedrich Spittler (1782-1867), mit dem Lindl für lange Jahre brieflichen Kontakt hatte; aus diesen Briefen geht die Bedeutung des Johann Heinrich Jung-Stillings für Lindl hervor.

Als einer der einflussreichsten Vertreter des Spätpietismus wurde Jung-Stilling zu einem Wegbereiter der Erweckungsbewegung und seine endzeitlichen Spekulationen beschäftigten Lindl immer mehr.

 

Albrecht Dürer: Das Sonnenweib und der siebenköpfige Drache
Albrecht Dürer: Das Sonnenweib
und der siebenköpfige Drache
(Offenbarung: 12, 1-63)

Für Jung-Stillung waren die Zeichen der Endzeit erkennbar und der letzte Kampf zwischen Licht und Finsternis, zwischen Christus und dem Antichrist waren angebrochen. Damit war zugleich die Wiederkunft Christi auf Erden und der Anfang seines tausendjährigen Friedensreiches näher ge-rückt.

 

Viele Zeitgenossen sahen in Napoleon, dem "Schwarzen Engel", den leibhaftigen Antichrist, und in dem mystisch ver-anlagten, schwärmerisch2-frommen, über-konfessionell-kosmopolitischen russischen Zaren Alexander I. das Gegenbild, den "Weißen Engel".

 

Eugene Delacroix: Französische Revolution
Eugene Delacroix: Die Freiheit führt das Volk

Wenn die Französische Revolution 1789 die Europäer zutiefst verunsichert hatte und die Unterwerfung Europas durch Napoleon apokalyptisch-eschato-logische Weltuntergangstimmungen hervorgerufen hatte, so war nach der Vernichtung Napoleons (1813), die Zar Alexander zugeschrieben wurde, diese depressive Stimmung bei vielen religiösen Schwärmern2 in eine geradezu mystische Begeisterung für den "Retter der Zeit", den "Weißen Engel" umgeschlagen. Dieser werde den frommen Gläubigen den Weg zum "Bergungsort" öffnen, meinte die Mystikerin Baronin Juliane von Krüdener (*1766, †1824).

 

zurück 1 weiter

1 Deutsche Christentumsgesellschaft = von Johann August Urlsperger (* 1728, † 1806) 1780 gegründete Vereinigung von Christen zur Verbreitung der reinen biblischen Wahrheit in Wort und Tat; heute in Verbindung mit der Basler Missionsgesellschaft.

2 Schwärmer = abfällige Bezeichnung für radikale Gruppen (Spiritualisten) in der Reformationszeit. Luther bezeichnete alle, die nicht mit seinem Verständnis der Bibel und seiner Lehre übereinstimmten, als "Schwärmer" oder "Schwarmgeister".
Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden in der evangelischen Kirchengeschichtsschreibung Anhänger reformatorischer Bewegungen als "Schwärmer" bezeichnet, also diejenigen die sich als unmittelbar vom Heiligen Geist geführt verstanden, den Anspruch erhoben, die reformatorischen Glaubenserkenntnis radikal zu verwirklichen und diesen "göttlichen Auftrag" als Offenbarungsquelle neben bzw. über die Bibel stellten und den von ihnen abgelehnten Strukturen und Formen der Kirche und des Gottesdienstes eigene, "dem Heiligen Geist gemäße" Formen entgegensetzen.

3 Offenbarung 12, 1-6 = Und es erschien ein großes Zeichen im Himmel: ein Weib, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone mit zwölf goldenen Sternen. Und sie war schwanger und schrie in Kindesnöten und hatte große Qual zur Geburt. Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen; und sein Schwanz zog den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor das Weib, die gebären sollte, auf daß, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind fräße. Und sie gebar einen Sohn, ein Knäblein, der alle Heiden sollte weiden mit eisernem Stabe. Und ihr Kind ward entrückt zu Gott und seinem Stuhl. Und das Weib entfloh in die Wüste, wo sie einen Ort hat, bereitet von Gott, daß sie daselbst ernährt würde tausend zweihundertundsechzig Tage.