Barbara Juliane von Krüdener

Barbara Juliane von Krüdener
Barbara Juliane von Krüdener

Juliane von Krüdener war eine Tochter des Otto Hermann von Vietinghoff. Sie wurde am 11. November 1764 in Riga (Lettland) geboren.

Lettland, oder Livland, wie man damals sagte, gehörte seit mehreren Jahrzehnten zum Russischen Reich und die baltischen Provinzen bildeten Russlands Fenster nach Europa. Die Kultur der baltendeutschen Oberschicht, der Juliane entstammte, war kosmopolitisch (hier:weltbürgerlich). Neben Deutsch wurde Französisch und Russisch gesprochen. Die Vorfahren Juliane von Krüdeners hatten bereits im 14. Jahrhundert führende Positionen im alten Staat des Schwertritterordens inne.

Juliane von Krüdener war eine der beeindruckendsten und gleichzeitig umstrittensten Frauen der neueren Kirchengeschichte. Frömmigkeitsgeschichtlich gehörte sie zur sogenannten Erweckungsbewegung, die Europa im Zug der napoleonischen Eroberung (1800–1814/15) und der sich anschließenden Befreiungskriege (1813-1815) erfasste.

Ihr unruhiges Leben führte sie in den Jahren von 1802-1815 durch Deutschland, Frankreich und die Schweiz. Dabei wurde sie von der Herrnhuter Brüdergemeine inspiriert und neigte nach Einflüssen durch Johann Heinrich Jung-Stilling immer stärker zu einem prophetisch-ekstatischen Pietismus.

1804 erlebte Juliane von Krüdener auf ihrem Gut Kosse in Livland eine religiöse Bekehrung und sagte später auch die Rückkehr Napoleons I. von Elba voraus.

 

Während ihrer Reisen lernte sie auch Zar Alexander I. kennen und übte für kurze Zeit einen starken religiösen Einfluss auf ihn aus. Sie bewog ihn zur Heiligen Allianz und vertrat den Zaren 1815 auf dem Wiener Kongress.

Frau von Krüdener sah in Napoleon den in der Offenbarung des Johannes benannten Engel des Abgrundes, den Antichristen und wurde bei großen Auftritten selbst als Prophetin der Heiligen Allianz gefeiert.

 

Ab 1815 zog sie als Wanderpredigerin von Ort zu Ort; nirgends wurde ihr ein längerer Aufenthalt gestattet, doch dem Zuströmen der neugierigen und gläubigen Menge vermochten keine Verbote mehr Einhalt zu tun. Es kamen oft über 3.000 Menschen, um sie reden zu hören; sie selbst war unermüdlich, sie predigte im Freien nicht selten fünf bis sechs Stunden.

Im Hungerjahr 1816 verschenkte sie ihr gesamtes Vermögen an die Armen und machte ihr Landhaus in Württemberg zu einem geistigen Zentrum. Von dort aus weitete sie ihre Aktivitäten aus.

In den Jahren 1816/1817 bereiste sie Baden, das Elsass und die Nordschweiz, wobei sie die biblische Rolle der Frau als Erretterin des Volkes hervorhob, als Krankenheilerin auftrat und eigenhändig Suppenküchen für die durch die Napoleonischen Kriege besonders mitgenommene Bevölkerung betrieb.

Diese Gelegenheiten nutzte sie dann auch, um vor Tausenden ihre religiösen Vorstellungen zu verkünden. Sie bewegte die Massen derart, dass sie sowohl aus Baden, dem Elsass und auch aus Basel als staatsfeindlich des Landes verwiesen und im Juli 1817 unter polizeilicher Bewachung über Leipzig und Königsberg auf russisches Gebiet abgeschoben. An der russischen Grenze wurde ihr mitgeteilt, dass sie weder in St. Petersburg, noch in Moskau erwünscht wäre (Zar Alexander I. hatte sich in der Zwischenzeit von ihr abgewandt.)

Sie zog sich zuerst auf ihr Gut Kosse in Livland zurück, erhielt dann aber 1821 von Zar Alexander I. die Erlaubnis, ihre kranke Tochter Juliette in St. Petersburg zu besuchen, wo sie sich lebhaft für die griechische Revolution einsetzte. Als der Zar ihr das 'Schweigen auferlegte', zog sie sich verbittert auf ihr Gut Kosse zurück.

Im Frühjahr 1824 fuhr die an Brustkrebs leidende von Krüdener mit ihrer Tochter, deren Mann, dem russischen Staatsrat Franz Karl Berkheim, und in Gesellschaft der Fürstin Golízyn auf die Krim, wo sie am 13. Dezember/25. Dezember [Julianischer Kalender/Gregorianischer Kalender] desselben Jahres in Karasu-Basar (heute: Bilohirsk) starb.

 

Unter ihrem Fenster stürzte ein von ihrer Koketterie Bezauberter, während er sie grüßte, plötzlicheen Todes nieder. Das erschreckte sie zu jenem Tode, der das Leben giebt. Ihr Gewissen erwachte, ihr Geist war gedemüthigt, ihr Herz erschlagen. (aus: Karl Friedrich Theodor Schneider: Deutsche Zeitschrift für christliche Wissenschaft und christliches Leben, N° 5, Berlin, 31. Januar 1857)

 

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