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Die Gründung der Kolonien Romanowka und Olgino

Fuhrwerk
Fuhrwerk

An einem schönen Frühlingsmorgen 1896 war es dann soweit, der Umzug konnte bewerkstelligt werden. Die Kinder hatten sich schon wochenlang auf die Abwechslung und Ver-änderung gefreut und aufmerksam alle Vorberei-tungen verfolgt und dabei mitgeholfen.

Die Leiterwagen standen bereit und waren mit dem restlichen Hausrat bepackt und zeltartig mit wasserdichten Planen bedeckt. Die Federbetten waren zuoberst im Wagen ausgelegt und ermöglichten die dreitägige Reise ruhend oder schlafend zu überstehen.

Landschaft
Landschaft

Die Reise schien endlos. Es ging durch unbewohnte Gegenden und ab und zu durch einen Marktflecken. An einem Abend so gegen 10 Uhr kamen sie in ihrer neuen Heimat an. Die Strohsäcke und Decken wurden in den Unterkünften auf den Fuß-boden gelegt, wo alle todmüde sofort einschliefen.

 

Landschaft
Landschaft

Am nächsten Morgen kam die Ernüchterung: wo waren die Berge, der Wald, der Fluss und die Quellen? Alles was sie sahen war eine kilometerweit tischebene, trockene, mit hohem Gras überwucherte Steppe. Weit und breit gab es kein Flüsschen, keinen See, keinen Teich, keine Quelle, keinen Baum und keinen Strauch, keine Hügel und kein Tal, anscheinend nur als minderwertiges Weideland zu gebrauchen. Mit zäher Beharrlichkeit zeigte sich bald, dass bei zweckmäßiger Bodenbearbeitung das Land vieles hervorbringen konnte.


A = Olgino, B = Romanowka
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Bis auf ein paar Familien waren alle Bewohner der beiden Kolonien Orbeljanowka und Tempelhof nach der Suchaja Padina-Steppe übergesiedelten. Die ehemaligen bessarabien-deutschen Orbeljanowker grün-deten die Kolonie Romanowka (Karlsfeld) und die ehemaligen mennonitischen Tempelhofer die zirka 5km entfernte Kolonie Olgino (Ol’gino). Romanowka, wie auch Olgino, war etwa 2 Kilometer lang und mit einer breiten tischebenen Straße versehen.

Beide Kolonien zusammen bildeten einen Wolost1 mit beschränkter Selbstverwaltung, wobei in den Kolonien die bürgerliche Leitung einem Schulzen, in dem Wolost einem Oberschulzen oblag, die von den Siedlern aus ihrer Mitte gewählt wurden.

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Einen Arzt gab es nicht und die Kranken mussten von den Kolonisten selbst gepflegt werden, wobei sich alle dabei beteiligten und mithalfen.

 

ein Dorf im Nordkaukasus
ein Dorf im Nordkaukasus

In wenigen Jahren wurde aus der trostlosen Gegend ein „blühendes“ Paradies. Die anfänglichen Lehm-buden wurden bald durch schöne freundliche Kolo-niehäuser mit weißen Mauern und roten Ziegel-steinen ersetzt und von Gemüse- und Obstgärten umgeben.

Weintrauben

Die Gemeinden erstarkten wirtschaftlich immer mehr. Es gab gute Getreide- und Weinernten und die Leute gelangten zu einem wirtschaftlichen Wohlstand. Gleichzeitig mit diesem entfernten sie sich aber immer mehr von den Thesen der Tempellehre, die Sammlung des Volkes Gottes und die Errichtung eines Heiligtums in Jerusalem.

Man hielt zwar noch „Die Warte des Tempels“, ein religiös politisches Wochenblatt für das deutsche Volk, das Sprachrohr der Tempelgesellschaft, las gelegentlich noch Tempelschriften, auch wurde noch gelegentlich Briefwechsel mit Palästina geführt, aber alle organisatorischen Beziehungen hatten aufgehört.

Die religiösen Tagungen wurden seltener. Die Verbindung mit der alten Heimat Bessarabien wurde immer lockerer, der Briefwechsel und die Besuche wurden nach und nach eingestellt.

 

Dies alles sollte sich mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges (1. August 1914) ändern.

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Anmerkungen

1 Im Wolost Olgino im Kreis Alexandrowsk (Gouvernement Stawropol) existierten 4 Dörfer der Templer:
1. Olgino (gegründet 1896) mit 30 Familien, eine Tochterkolonie von Tempelhof.
2. Romanowka (gegründet 1896) mit 50 Familien, eine Tochterkolonie von Orbeljanowka.
3. Loschkarewo (gegründet 1905), besiedelt von Kolonisten aus Olgino.
4. Miropol (gegründet 1910), eine Tochterkolonie der beiden Dörfer Olgino und Romanowka.