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Die russische Expansion unter Alexander I.

Alexanders Außenpolitik

Alexanders Außenpolitik stand im Zeichen der Behauptung gegen Napoleon I. und der russischen Expansion: Bis 1815 fielen Finnland, fast das gesamte Transkaukasien, Bessarabien und das Königreich Polen an Russland.

Die Expansion des Russischen Reiches bis 1825
Die Expansion des Russischen Reiches bis 1825

 

Alexander I.
Alexander I.

Außerdem beteiligte sich Russland am europäischen Befreiungskrieg1 gegen Frankreich bis zur Absetzung Napoleons I. im Jahr 1814.

Viele Gläubige sahen in Zar Alexander den "Weißen Engel", so wie sie in Napoleon den "Schwarzen Engel" oder den leibhaftigen Antichristen sahen.

Durch Alexanders Sieg über Napoleon hatte der Zar die höchste Stufe erreicht, die allgemeine Vergötterung durch seine Landsleute und die Verehrung aller Völker Europas erlangt und doch litt er schwer unter der für ihn unmenschlichen Last der Verantwortung als "Retter Deutschlands und Europas" zu gelten, was dazu führte, dass er Erlösung außerhalb seiner Kirche suchte.

russische Gedenkmedaille 1813
Nicht uns, nicht uns,
sondern Deinem Namen

Alexander schrieb sich in diesem "Heldenepos" die Rolle eines Werk-zeugs in den Händen der Vorsehung zu.

 

1813, nach dem Sieg über Napoleon, ließ er auf den Gedenkmedaillen des Sieges im Vaterländischen Krieg die Worte aus dem Psalm 115,1: Nicht uns, nicht uns, sondern Deinem Namen eingravieren.

 

"Um der göttlichen Vorsehung Unsere Dankbarkeit deutlich zu machen, Russland vor dem Untergang bewahrt zu haben" und als Denkmal der Opfer des russischen Volkes, plante Alexander den Bau des wichtigsten Denkmals: die Christus-Erlöser-Kathedrale in Moskau.

Christus-Erlöser-Kathedrale in Moskau
Christus-Erlöser-Kathedrale in Moskau

 

Heinrich Jung-Stilling
Heinrich Jung-Stilling

Der Krieg von 1812 und der Sieg Russlands über Napoleon (1814) hatten in Russland wie in Europa das Wiedererwachen der Religiosität zur Folge gehabt.

Zur täglichen Lektüre Alexanders gehörten ab 1812 neben der Bibel auch Werke des Pietisten Heinrich Jung-Stillings, von denen einige ins Russische übersetzt worden waren. Jung-Stilling war für Alexander eine geistliche Autorität und seine Stimme hatte ein großes Gewicht für ihn, so dass der Zar den Wunsch äußerte ihn persönlich kennenzulernen, was sich dann auch 1814 im Bruchsaler Schloss in Baden, während eines Besuches des Zaren bei seinen Schwiegereltern, verwirklichte.

 

Juliane von Krüdener
Juliane von Krüdener

Am 4. Juni 1815, auf dem Weg zum russischen Hauptquartier in Heidelberg, lernte Alexander dann auch die mystische2 Baronin Juliane von Krüdener in Heilbronn kennen, mit der er eine dreistündige Unterredung gehabt haben soll. Juliane von Krüdener wurde in den nachfolgenden Monaten zu einer der engsten Vertrauten des Zaren.

Als "Retter Europas" und unter dem Einfluss von Juliane von Krüdener bestimmte Alexander I. auf dem Wiener Kongress im Juni 1815 die neue Ordnung des Kontinents maßgeblich mit und legte der Heiligen Allianz3, die die Handschrift der von Krüdener trägt, das monarchische Prinzip (Monarchie) zugrunde. Russland gewann auf Kosten Preußens und Österreichs weite Gebiete Polens durch die Schaffung eines in Personalunion mit Russland verbundenen polnischen Königreiches (Kongresspolen).

Kongresspolen
Kongresspolen

Bei seinen Zeitgenossen galt Alexander I. als tiefgläubiger Christ, Retter der Zeit und das Russische Reich als Bergungsort für viele Gläubige in der Endzeit, der Zeit vor dem Jüngsten Gericht, wie z. B. für die schwäbischen Chiliasten4.

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Dekabristenaufstand in St. Petersburg
Dekabristenaufstand in St. Petersburg

Während seiner letzten Regierungsjahre verfiel der Zar offensichtlich mehr und mehr in Schwermut und Paranoia, die ihn auch körperlich auszehrte.  Der einst mit liberalen und reformerischen Ideen liebäugelnde Zar wandelte sich nach der Niederzwingung des französischen Kaisers in einen von Sendungsbewusstsein und Frömmelei durchdrungenen Tyrannen. 

In zunehmender Furcht vor einer Revolution ließ Alexander seit 1815 ein reaktionäres Polizeiregime errichten, dessen Krise der Dekabristenaufstand6 nach seinem Tode offenbarte.

Er starb am 1. Dezember 1825  während einer Reise auf der Halbinsel Krim.

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Anmerkungen

1 Als Befreiungskriege oder Freiheitskriege werden alle historischen kriegerischen Ereignisse zusammengefasst, die sich 1813 bis 1815 zwischen den Truppen des napoleonischen Frankreich und deren Gegnern (Großbritannien, Russland, Preußen, Schweden, Österreich und eine Reihe von deutschen Staaten, darunter auch das Königreich Württemberg) ereigneten.

2 Mystik = (griechisch: mystikós "geheimnisvoll") in der Religionsgeschichte eine Grundform religiösen Lebens, die durch Nachsinnen die Trennung zwischen menschlichem Ich und göttlichem Sein im Erlebnis der Erkenntnis Gottes aus Erfahrung (Cognitio Dei experimentalis) bzw. der Vereinigung (Unio mystica) aufzuheben sucht und zumeist als höchste Stufe der Frömmigkeit gilt.
Askese (streng enthaltsame und entsagende Lebensweise zur Verwirklichung sittlicher und religiöser Ideale) und Kontemplation (meditatives Nachdenken über die religiöse Wahrheit) dienen der Vorbereitung auf dieses Ziel. In ihren Ausdrucksformen durch den Mystiker kann sie gefühlsbetont, sinnlich-rauschhaft oder intellektuell-spekulativ sein.
Bedeutende Ausprägungen der Mystik sind in China der Daoismus, in Indien die Erlösungslehre des Vedanta (Shankara), in Japan der Zen-Buddhismus, im antiken Griechenland die Mysterienkulte, in der Spätantike der Neuplatonismus, im Judentum der Chassidismus und die Kabbala sowie im Islam der Sufismus. Im Christentum erscheint Mystik bereits im Neuen Testament v. a. bei Paulus und Johannes als Christus-Mystik, deren Ziel die unmittelbare Einheit mit Jesus Christus ist; seit dem Mittelalter oft in der Form der Passionsmystik, als Mitleiden mit Jesus.
Die deutsche Mystik erlebte in der Frauenmystik des 12./13. Jahrhunderts (Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg, Gertrud von Helfta) und der philosophisch-spekulativen Mystik des 13./14. Jahrhunderts (Meister Eckhart, H. Seuse, J. Tauler) ihren Höhepunkt. Heute kann v. a. das zunehmende Interesse für Esoterik und verschiedene Formen östlicher Religiosität in den modernen Industriegesellschaften als Mystik im Sinne von Verlangen nach Transzendenz gedeutet werden.

3 Heilige Allianz = auf Veranlassung des Zaren Alexander I. zwischen Russland, Österreich und Preußen am 26. 9. 1815 in Paris geschlossenes Bündnis, um die Staaten nach den Grundsätzen des Christentums, der Gerechtigkeit, der Liebe und des Friedens zu leiten und sich gegenseitig Beistand zu leisten. Alle europäischen Herrscher mit Ausnahme Großbritanniens, des Heiligen Stuhls und des Osmanischen Reiches traten der Heiligen Allianz bei. Letzterem blieb wegen der christlichen Ausrichtung der Allianz der Beitritt verwehrt.
Ursprünglich sollte die Heilige Allianz die Beziehungen zwischen den europäischen Staaten nach dem Wiener Kongress auf der Grundlage der christlichen Prinzipien neu ordnen. Tatsächlich aber zielte die Allianz auf eine Restauration der politischen Verhältnisse der Zeit vor der Französischen Revolution ab. Größere politische Bedeutung erlangte die Heilige Allianz allerdings nicht und sie zerbrach bereits nach wenigen Jahren an Differenzen zwischen den europäischen Mächten über den griechischen Unabhängigkeitskrieg (1821 - 1829).

4 Chiliasmus oder Millenarismus = (aus dem Griechischen von chilias, 1000); bezeichnet den Glauben an die Wiederkunft Jesu Christi und seine tausendjährige Herrschaft auf Erden am Ende der Weltgeschichte bzw. am Ende allen Unheils, an dem nur die Gerechten teilhaben sollten. Sie gründen sich auf eine Stelle der Johannesoffenbahrung (Offb 1,1; 20, 1-8).
Der Begriff wird auch als Bezeichnung für den Glauben an das nahe Ende der gegenwärtigen Welt verwendet und ist manchmal mit der Erschaffung eines irdischen Paradieses, oder für einen apokalyptischen Fatalismus im Zusammenhang mit einer Jahrtausendwende verbunden.
Spuren des Chiliasmus findet man schon in den ersten Jahrhunderten der Christenheit. Bis weit ins Mittelalter hinein fürchteten die Menschen daher die Jahrtausendwende, die mit der Wiederkunft Christi zugleich den Weltuntergang besiegele. Die meisten protestantischen Reformatoren lehnten den Chiliasmus grundsätzlich ab, doch lebte er im 16. Jahrhundert bei den Täufern und Taboriten wieder auf und im 17. Jahrhundert hingen protestantische Erweckungsbewegungen dem Chiliasmus an. Von dort aus drang er in den Pietismus ein. Heute glauben beispielsweise die Adventisten, die Mormonen und die Zeugen Jehovas an ein Millennium.

5 Dekabristen waren „adlige Revolutionäre“, die nach dem Tod Alexanders I. den Eid auf den neuen Zaren Nikolaus I. verweigerten. Fünf der Verschwörer wurden hingerichtet; mehr als hundert verbannte man nach Sibirien. Da die Revolte im Dezember (russ: dekabr') stattgefunden hatte, nannte man ihre Protagonisten Dekabristen.