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Die Auswanderung der Deutschen ins Schwarzmeergebiet

Die 1. Auswanderungswelle der preußischen Mennoniten1
(1789-1809)

(Teil 2 von 3)

Ankunft in der Neuen Heimat

Bauernkaten
Bauernkaten

Als die Mennoniten an ihrem Bestimmungsorten ankamen wurde gerade ein hölzerner "Palast" abgebaut. Einige richteten sich in Bauernkaten ein, andere suchten Unterschlupf in den ortsüblichen Erdhütten.

Die, die über den neuen Siedlungsgebiet unzufrieden waren, fingen erst gar nicht an, zu bauen, in der Hoffnung, dass die Regierung ihnen einen anderen Siedlungsplatz zuteilte.

Erdhütte
Der Augenzeugenbericht eines holländischen Mennoniten, der die Auswanderer 1792 besucht hätte, berichtete, dass sie 4 Jahre nach ihrer Ankunft in Neurussland immer noch in Erdhütten leben würden und dass sie weder Bauholz noch Geld erhalten hätten.

 

Insel Chortitza
Chortitza

Von 1789 bis 1880 gründeten die Russland-mennoniten in ihrer neuen Heimat am Dnjepr zwei große „Mutterkolonien“ mit insgesamt fast hundert Dörfern.

Die erste, auch „Alt-Kolonie“ genannt, ist als die Chortizaer Ansiedlung be-kannt geworden. Heute ist dort die ukrainische Groß-stadt Saporoshje.

Das zweite mennonitische Siedlungszentrum, entsprechend als „Neu-Kolonie“ bezeichnet, lag an einem kleinen Fluss namens Molotschna und wurde daher Molotschnaer Ansiedlung genannt.

In diesen Kolonien wurde ziemlich bald der Landmangel, der in der Erbteilungstradition begründet war, zu einem großen Problem. Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden daher unzählige „Tochterkolonien“, die über weite Gebiete des Russischen Reiches verstreut lagen.

Das Schicksal der Russlandmennoniten

Wie viele andere Mennoniten musste man auch in Chortitza unter Entkulakisierung2 in den 1920ern und Kollektivierung 1930 leiden.

Deportation
Deportation

Als der 2. Weltkrieg 1941 begann sollten die Einwohner von Chortitza nach dem Willen der Sowjetregierung nach Sibirien deportiert werden. Da die Wehrmacht so schnell voranschritt, konnten diese Pläne nicht ver-wirklicht werden. Aber schon 1943 musste die deutsche Bevölkerung in den Warthe-gau evakuiert werden, da die Wehrmacht sich aus der Sowjetunion zurückziehen musste.

der Reichsgau Warthegau im Großdeutschen Reich, 1945
der Reichsgau Warthegau im Großdeutschen Reich, 1945

 

Bei Einmarsch der Rote Armee in Deutschland bekam sie diese Flüchtlinge zu fassen, wurden von den Alliierten als sowjetische Bürger an die Sowjetunion ausgeliefert und nach Sibirien und Kasachstan deportiert.

mehr zur Umsiedlung der Schwarzmeerdeutschen ... klicke hier

 

Bis 1954 war es ihnen auf jeden Fall untersagt ihre Deportationsgebiete zu verlassen. Erst 1964 wurden sie wie alle Russlanddeutschen offiziell rehabilitiert. In ihre Heimat kehrten nur wenige zurück.

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Anmerkungen

1 Mennoniten = Anhänger einer evangelischen Freikirche, die die Erwachsenentaufe pflegt u. den Wehrdienst u. die Eidesleistung ablehnt.

2Kulak = Bezeichnung für den russischen Mittel- und Großbauern aber auch eine abfällige Bezeichnung der wohlhabenden Bauern auf dem Lande. Kulak, was wörtlich übersetzt “Faust“ bedeutet (jemand, der seinen Besitz fest in den Fäusten hält), wird im Sinne von “Wucherer“ oder “Dorfkapitalist“ gebraucht. Jemanden, der kleine Bauern und seinen in Not geratenen Nachbarn um Hab und Gut gebracht hatte.
Nach der Oktoberrevolution von 1917  und im Verlauf der Kollektivierungsmaßnahmen (1929/30) unter Stalin wurde der Begriff Kulak zum Schimpfwort und auf alle angeblichen 'Ausbeuter' in der Landwirtschaft ausgedehnt und als feindliche 'Klasse' liquidiert. Auch Witwen und alte Bauern fielen unter diese Kategorie, weil sie einen Knecht oder eine Magd beschäftigten.

1919 war ein Kulak der, der zwei Häuser mit Blechdach, mehr als fünf Kühe oder Pferde oder mehr als 20 Schafe besaß. Auf dem Höhepunkt der Kollektivierung (1932) bedeutete bereits geringfügiges landwirtschaftliches Eigentum, wie zum Beispiel eine Kuh oder die Beschäftigung von Tagelöhnern oder Mägden und Knechten als Kulakentum und führte zu Zwangsmaßnahmen: Schon seit 1927 mussten sie höhere Steurn bezahlen und bekamen keine Kredite oder Geräte mehr. Viele verkleinerten ihre Anbaufläche und ihren Viehbestand, um kein 'Kulak' mehr zu sein, was dazu führte, dass bald Getreide für den Export und zur Versorgung der Städte fehlte.
Im Herbst 1929 wurde es den Kulaken verboten, in die entstehenden Kollektive einzutreten, weil man dort ihre Meinungsführerschaft fürchtete, was dann zu Enteignung und schließlich zu Deportation in menschenleere Gebiete oder in den Gulag führte. Oft wurden auch die Familienangehörigen der 'Kulaken' und sogar angebliche Kulakensöldlinge verfolgt.
Auf der Grundlage der Beschlüsse des Zentralexekutivkomitees und des Rates der Volkskommissare vom 30. Januar und 1. Februar 1930 und einer Instruktion vom 4. Februar wurden alle Kulaken in drei Kategorien eingeteilt: die Bauern der 1. Kategorie galten als 'konterrevolutionäre Elemente', die entweder gleich erschossen, oder in ein Arbeitslager der GPU (Staatssicherheitsdienst) gebracht wurden. Ihr Besitz wurde beschlagnahmt und ihre Angehörigen fielen unter die Deportierten.
Die Kulaken der 2. Kategorie waren zwar weniger gefährlich, galten aber als 'fürchterliche Ausbeuter'. Sie wurden enteignet, verhaftet und mit ihren Familien in entlegene Gebiete deportiert.
Die Kulaken der 3. Kategorie galten als 'staatstreu, wurden enteignet und in unfruchtbare, unkultivierte Zonen ihrer Distrikte umgesiedelt.