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Das russische Zarenreich im 17. Jahrhundert

 

Mord an Zarewitsch Dimitri Iwanowitsch
Mord an Zarewitsch Dimitri Iwanowitsch (1591)

Sofort nachdem Peter 1682 zum Zaren aus-gerufen wurde, ging plötzlich das Gerücht um, dass der Zarewitsch Iwan durch ausländische Ärzte vergiftet worden sei, am selben Tag an dem einst der Zarewitsch Dimitri in Uglitsch ermordet worden sei und, dass Iwan Naryschkin, der Bruder Natalia Naryschkins, Witwe Alexeis I., nach der Krone strebe und das Korps der Strelitzen1 aus dem Weg räumen wolle und nachdem man letztere mit Geld und Versprechungen gewonnen hatte, versammelten sich die Moskauer Strelitzen (Altmoskowiten und Verbündete der Familie Miloslawski, der 1. Frau Alexeis I.) am Morgen des 15. Mai 1682 und riefen:

„Die Stunde der Rache ist gekommen! Der Zarewitsch Iwan ist umgegracht und die Naryschkin sind Herrscher von Rußland; das ganze Kriegsheer ist dem Untergang bestimmt ...... das Vaterland ist in Gefahr .......",

Gerhard Anton von Halem: Leben Peters des Grossen,
Münster und Leipzig, 1805, S. 35;

 

Der 1. Strelitzenaufstand (1682)

N. Kisslowskij: Strelitzenaufstand in Moskau 1682
N. Kisslowskij: Strelitzenaufstand in Moskau 1682

 

Mit wildem Geschrei Ja, sterben fürs Vaterlande", ein Marienbild vor sich tragend, setzten sich die 6 Regimenter der Strelitzen in Bewegung, um vor dem Kloster die Weihe zu einem blutigen Unternehmen zu erhalten.

In voller Kriegsrüstung mit Kanonen, unter Trommelwirbel und Läuten der Sturmglocke stürmte die Rotte dann den Kreml, um den Tod eines Prinzen zu rächen, der lebte!

„Heraus mit den Verrätern und Mördern! Die Naryschkin und den Matwejew2 gebt uns. Den Zarewitsch Iwan haben sie ermordet! Heraus mit den Mördern!"

Gerhard Anton von Halem: Leben Peters des Grossen,
Münster und Leipzig, 1805, S. 35;

 

Nikolai Dmitrijew-Orenburgski: Moskauer Aufstand 1862
Nikolai Dmitrijew-Orenburgski: Moskauer Aufstand 1682
Natalia Naryschkina zeigt den Aufständischen den lebenden Iwan V.
während der Patriarch Joachim versucht die Menschenmenge zu beruhigen

 

Matwejew
Matwejew

3 Tage dauerte der Aufstand und der 10-jährige Peter musste mit ansehen wie zwei Brüder seiner Mutter, sowie ihr Ziehvater Matwejew ermordet wurden und ihr leiblicher Vater gezwungen wurde in ein Kloster zu gehen. Dieser Zufall erschütterte den jungen Peter so sehr, dass er niemals diese grauenhafte Szene vergessen hatte. Von diesem Tag an hasste er den Moskauer Kreml und sagte von ihm er sei ein "Hospital von Gaunern, Heuchlern und Tagedieben".

Nach dieser blutigen "Säuberungs-aktion", dem 46 (nach anderen Quellen 67) Menschen zum Opfer fielen, wurde Iwan, Peters Stiefbruder, zum Herrscher ausgerufen.

Der gutmütige Knabe, zur Verwunderung seiner Schwester Sofia Alexejewna, bat, sein geliebter Bruder Peter möge doch Mitregent werden.

So schwach Iwan auch sein mochte, so groß war seine Liebe zu seinem Halbbruder Peter, denn auf ihn (Peter) beruhe die Erhaltung des Reiches und so bald er volljährig sei, wolle er ihm die Regierung überlassen.

Gerhard Anton von Halem: Leben Peters des Grossen,
Münster und Leipzig, 1805, S. 48;

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Anmerkungen

1 Strelitzen = Bezeichnung für die von Zar Iwan dem Schrecklichen um 1550 eingeführte Palastgarde. Sie waren für ihre gute Ausbildung und ihre Loyalität gegenüber dem Zaren bekannt. Die Strelitzen bildeten den Kern der russischen Heere, waren aber ohne Kriegskunst und Mannszucht und wegen des Starrsinns, womit sie an ihren alten Einrichtungen und Privilegien festhielten, leicht zu Empörungen geneigt und für die Ruhe des Reichs gefährlich. Die Strelitzen erhielten nur geringen Sold, waren dafür aber mit Handels- und Gewerbeprivilegien ausgestattet; ihr Dienstverhältnis war lebenslänglich und erblich.

2 Matwejew war ein Vertrauter des Zaren Alexei und während dessen Regierungszeit Erster des Gesandtschaftsprikas. Bezeichnend für das enge Verhältnis zum Zaren ist, dass dieser seine zukünftige Gemahlin Natalja Kirillowna Naryschkina (Mutter des späteren Peter I.), deren Vormund Matwejew wurde, in Matwejews Haus traf.
Matwejew war als ein Freund und Gönner der Ausländer, als Anhänger der westlichen Kultur, als ein durch Kenntnisse, Talent und Strebsamkeit ausgezeichneter Mann, vielen verhasst. Er war eines der ersten Opfer der Rebellion der Strelitzen des Jahres 1682.
Beim Tod des Zaren, 1676, wurde er von der, durch ihre Verwandtschaft mit Fjodor III. einflussreichen, Familie der Miloslawskij der Ermordung des Zaren und des Gebrauchs schwarzer Magie beschuldigt. Die nächsten Jahre bis 1682 verbrachte er in der Verbannung. Erst beim Tod des Zaren wurde er von der Mutter des neuen Herrschers Peter I., Natalia Naryschkina, zurückgerufen, die zu diesem Zeitpunkt Regentin war. Als Matwejew am 11. Mai in Moskau ankam hatten die Schwester des Zaren, Sofia Alexejewna, und ihr Onkel Iwan Miloslawskij Unruhen unter den Strelitzen geschürt. Sie behaupteten, dass die Regentin Iwan, den anderen Sohn Alexejs, ermordet hätte. Nachdem es ihm vorerst gelungen war, die am 15. Mai in den Kreml gestürmten Strelitzen zu beruhigen, wurde er von diesen schließlich ermordet und verstümmelt. Seine Körperstücke wurden von einem Diener gesammelt und seiner Familie überbracht. Seine Enkelin, Marie Hamilton, sollte später die Geliebte Peters des Großen werden.