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Die Situation in der Kiewer Rus

In der Geschichte Russlands konnten Kleinrussland und die Ostseeprovinzen (Liv- und Estland) als vorgeschobene Posten der westeuropäischen Zivilisation gelten. Ihre Einverleibung in das moskowitische Reich im 16. und 17. Jahrhundert bewirkte, dass einige Vertreter der Ukraine oder Liv- und Estlands nach Russland übersiedelten und hier im Sinn und Geist der allgemeinmenschlichen Kultur wirkten.

Kiewer Rus um 1015
Kiewer Rus um 1015

Kleinrussische Mönche und baltische Aristokraten hatten mitunter versucht veredelnd auf das bornierte russische Volk zu wirken, angesehene Stellungen eingenommen und den Fortschritt vertreten. Als Repräsentanten der westeuropäischen Intelligenz und Anschaungsweise bildeten sie ein wohltuendes Enzym gegenüber dem in byzantinisch-tatarischen Ideen und Ordnungen verharrendem nationalem Russentum.

Das Russische Reich brauchte aber, wenn es sich an die westeuropäische Welt anschließen wollte, andere Lehrmeister und Gehilfen als die geistlichen und weltlichen Aristokraten.

Jagdszene der Heiden in den Gebieten der Ostsee
Jagdszene der Balten im Ostseegebiet
Bojaren im 17. Jahrhundert
russisches Bojarenpaar
im 17. Jahrhundert

Das Russische Reich bedurfte lebhafterer politischer Beziehungen zu anderen Staaten und musste dafür sorgen, dass Vertreter des Mittel-standes aus anderen Ländern in großer Zahl einwanderten und ihre Arbeitskraft und Gelehrsamkeit in den Dienst des russischen Reiches stellten. Emanzipierte Kaufleute und Techniker durfte man sich aber weder aus Kleinrussland noch aus den Ostseeprovinzen erwarten, was bedeutete, dass man sich anderswo umzusehen hatte.

Deutsche, Engländer, Holländer und Franzosen, also diejenigen Nationen, die unmittelbar an der damaligen Weltpolitik teilnahmen, in sozialer Hinsicht im Mittelpunkt der historischen Entwicklung und auf der Höhe der Zeit standen, im politischen und ökonomischen Leben den Ton angaben, in Kunst, Literatur und Wissenschaft das Höchste leisteten und die moderne Bildung vertraten, wurden die Bezugsquellen für die Beschaffung neuer Elemente in Russland. Sie hatten einen Hauptanteil am Ausbau des modernen Russland gehabt.

An eingewanderten Fremden, die einen gewissen Einfluss hatten, hatte es schon zur Zeit der Kiewer Rus in Russland nicht gefehlt. Das war der Anfang der deutschen Bevölkerung in russischen Städten. Die Siedlungspolitik im Russischen Reich war stark von Kriegen und Revolutionen beeinflusst.

Im Hafen einer Hansestadt
Im Hafen einer Hansestadt

Auch wenn deutsche und russische Siedlungsgebiete nirgendswo unmittelbar aneinandergrenzen, gab es schon seit dem Mittelalter Kontakte zwischen diesen beiden Völkern.

Verweilen wir einen Augenblick bei diesen Er-scheinungen, um auf diese Weise anzudeuten, wodurch sich die früheren Einwanderer aus verschiedenen Gegenden von den späteren Ankömmlingen aus Westeuropa unterschieden.

Es war ein Verdienst der russischen Regierungen, dass sie den Staat und das Volk diesen Strömungen westeuropäischer Entwicklung ausgesetzt, die lethargisch verharrende russische Gesellschaft zum Teil gegen ihren Willen in diese Strömungen hineingerissen haben.

am westeuropäischen Hof im 17. Jahrhundert
am westeuropäischen Hof im 17. Jahrhundert

 

Wie überall aber, so siegte auch hier das Prinzip des Fortschritts: die Regierung ging über die Proteste gegen den fortschrittlichen Westen, gegen nationale Vorurteile, die mit kirchlicher Intoleranz vereinigt waren und die Regierung des Verrats am Volkstum anklagte zur Tagesordnung über und dies hieß: Russlands Aufgehen in Europa.

 

Für die russischen Regierungen war es ab dem Ende des 15. Jahrhunderts Regel nach dem Westen zu blicken, sich an Europa zu wenden, von daher neue Kräfte für den Staat zu gewinnen.

Man dachte zunächst nicht so sehr an politische Eroberungen, als vielmehr an friedlichen Verkehr und an die Berufung von Ausländern.

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Anmerkungen