Die Lehre Calvins

grundmotiv der Theologie Calvins ist die unbedingte Heiligkeit Gottes, nach der der Mensch von Gott für Himmel oder Hölle vorbestimmt ist.

Alles Menschenwerk, sogar die Glaubensentscheidung und nicht zuletzt der Kultus der katholischen Kirche (Sakramente, Reliquien, Ablässe), galten ihm als Versuche die Souveränität Gottes einzuschränken und an Irdisches zu binden.

Reliquie Hermanns von Reichenau in der Schlosskirche in Altshausen
Reliquie Hermanns von Reichenau in der Schlosskirche in Altshausen in Baden-Württemberg
Johannes Calvin
Johannes Calvin

Calvin ging davon aus, dass Gott absolut autonom ist. Er braucht keine Vermittler, keine kirchliche Autorität auf Erden. Bindend ist einzig und allein Gottes Wort. Nur durch Jesus Christus, nicht durch die kirchlichen Institutionen gelangt der Mensch zu Gott. Nicht durch gute Werke, sondern nur durch den Glauben erkennt der Mensch Christus. Nur durch die Gnade Gottes wird der Mensch gerettet.

Wie bei allen Richtungen, die aus der Reformation hervorgingen, gehören die vier Solas zur Basis des Calvinismus:

  • sola scriptura: allein die Schrift ist die Grundlage des christlichen Glaubens (nicht die Tradition)
  • solus Christus: allein Christus (nicht die Kirche) hat Autorität über Gläubige
  • sola gratia: allein durch Gnade Gottes wird der Mensch errettet (nicht durch eigenes Tun)
  • sola fide: allein durch den Glauben wird der Mensch gerechtfertigt (nicht durch gute Werke)
Die Dordrechter Synode (1618/19) - Stich aus dem 17. Jahrhundert
Die Dordrechter Synode (1618/19) -
Stich aus dem 17. Jahrhundert

Heute gilt in der reformierten Kirche1 die Lehrregel von Dordrecht aus dem Jahr 1619 als die gültige Auslegung der Lehre. Wesentlicher Unterschied zur Lehre Martin Luthers ist der Gedanke der Prädestination, wobei Calvin den Gedanken einer doppelten Prädes-tination vertritt:

  • der Mensch ist schon vor seiner Geburt für Himmel oder Hölle vorbestimmt;
  • Gottes Erwählung zur Errettung bestimmter Menschen beruht einzig allein auf seinem freien Willen, Glaube und Buße sind das Ergebnis, nicht der Grund für Gottes Erwählung.

Was bedeutet das eigentlich? Untersuchen wir dieses Konzept einmal im Einzelenen:

Die spezifische Lehre des Calvinismus wird oft in fünf Punkten zusammengefasst:

  1. völlige Verderbtheit oder völlige Unfähigkeit
    sola scriptura
    sola scriptura: allein die Schrift
    ist die Grundlage des christlichen Glaubens,
    nicht die kirchliche Tradition
    Der Calvinismus geht von der völligen Verderbtheit des Menschen aus, denn die Sünde beherrscht den Menschen in seinem Denken, seinen Gefühlen und seinem Willen. Daher ist der Mensch nicht fähig, die Botschaft des Evangeliums zu verstehen, er ist auf der geistigen Ebene völlig hilflos und verloren. Der Mensch kann Gottes rettende Botschaft erst verstehen, nachdem er durch den Heiligen Geist dazu befähigt worden ist. (Römer 5, 12; Markus 4, 11)
  2. das vorbestimmte Schicksal
    Die bedingungslose Erwählung ist das Prinzip Calvins der doppelten Prädestination, der Vorherbestimmung des Schicksals.
    Gott hat alle irdische Wirklichkeit vor dem Anfang der Zeit geschaffen und vollkommen gekannt, daher gewusst, was aus allem einmal werden würde. Also steht auch schon immer fest, welche Menschen für das Heil vorgesehen, "prädestiniert" sind und welche verworfen.
    Johannes Calvin
    Johannes Calvin
    Gott hat die Menschen in zwei Gruppen geteilt. Eine Gruppe sind die Auserwählten, die alle einschließt, denen Gott seine Erkenntnis bestimmt hat. Die übrigen bleiben unwissend bezüglich Gott und dem Evangelium. Sie sind verdammt und werden die Ewigkeit in der Hölle schmoren. Der Verworfene kann sich noch so sehr um ein moralisch einwandfreies Leben bemühen, es wird nie ein Erwählter aus ihm.
    Die Gründe, warum Gott einige erwählt hat sind unbekannt. Es ist aber klar, dass das nicht aufgrund irgendwelcher guten Werke von Seiten des Erwählten geschehen ist (Römer 9, 15; Römer 9, 21).
    Die Menschen können die Wahl weder durch Gebete noch durch eine moralisch vorbildliche Lebensführung rückgängig machen.
  3. begrenzte Versöhnung
    Kreuzigung
    Kreuzigung
    Jesus Christus trägt die Sünden der Welt. Die Protestanten glauben z.B., dass Gottes Sohn für alle Menschen gestorben ist. Calvin lehnte diese Sichtweise ab. Nach seiner Meinung nach ist Jesus Christus nicht gestorben, um alle Menschen zu retten, sondern sein Leiden erlöst nur die auserwählten Sünder, die durch ihn gerettet sind. (Matthäus 26, 28; Epheser 5, 25)
  4. unwiderstehliche Gnade
    Das ist der Glaube, dass jeder Mensch den Gott erwählt hat, Gott erkennen wird und die Gnade der Erwählung nicht ablehnen kann. (Johannes 6, 44; Römer 8 14)
  5. das Ausharren der Heiligen
    Die Calvinisten glaubten, dass das Heil alleinig das Werk des Herrn ist und, dass der Mensch absolut nichts mit diesem Prozess zu tun hat.
    Die Heiligen werden ausharren, weil Gott sich darum kümmern wird, weil er die Arbeit, die er begonnen hat, zu Ende bringen wird.
    Wenn ein Mensch einmal gerettet worden ist, ist er für immer gerettet. Der durch Erwählung hervorgehobene Mensch kann sich noch so bemühen, aber Gottes Gnade kann er nicht mehr verlieren. Er hat schlicht keinen Einfluss mehr auf sein Schicksal, denn sein Leben ist vorbestimmt. (Römer 8, 28; Johannes 6, 39)
Johannes Calvin auf dem Sterbebett
Johannes Calvin auf dem Sterbebett

Die Prädestinationslehre wurde aber erst nach Calvins Tod zum Kernstück calvinistischen Glaubens und, weil auch Calvinisten in Heilsgewissheit leben wollten, verbreitete sich die alsbald so typische, aber gegenüber Calvins eigenen Anschauungen doch vergröbernde Auffassung, man könne Erwähltheit oder Verdammnis eines Menschen zuverlässig an seinem Lebenserfolg, an Reichtum und Glück ablesen.

 

So ist Armut im Calvinismus eine Strafe Gottes und Reichtum ist auf keinen Fall eine Schande. Die Armut ist ein offensichtliches Zeichen für die Sündhaftigkeit des Notdürftigen. Es liegt in der individuellen Verantwortlichkeit des einzelnen Menschen, sich aus der Armut zu befreien. Betteln ist allerdings verboten.

Johannes Calvin
Johannes Calvin

Wenn durch Fleiß und einwandfreies Verhalten ein Vermögen erworben wurde, ist nichts daran auszusetzen. Vorausgesetzt, die Reichen teilen ihre Schätze mit den weniger Vermögenden, zahlen gerechte Löhne und führen einen asketischen Lebenswandel.

Der Calvinismus erlaubt den Zins. Er darf allerdings nur von vermögenden Menschen verlangt werden und nur wenn das Allgemeingut nicht darunter leidet. Der Zins muss angemessen sein: fünf Prozent erschienen Calvin als angemessen.

Das Abendmahl

Unterschiede gibt es in der Frage des Verständnisses des Abendmahls. Über die Frage, ob Wein und Brot sich beim Abendmahl wirklich in Fleisch und Blut verwandeln oder sie nur symbolisieren, haben sich Konfessionen entzweit und Sekten (spätlat. secta = philosophische Lehre) gebildet.

 Leonardo da Vinci: Das Abendmahl
Leonardo da Vinci: Das Abendmahl
Brot und Wein

 

Kirchen, die der Lehre von Ulrich Zwingli und Johannes Calvin folgen, vertreten die Auffassung, Brot und Wein seien Symbole für Christis Leib und Blut.

Wenn Jesus sagt: „Das ist mein Leib“, dann sei „dieses als bedeutet zu verstehen“, so Zwingli. Das Abendmahl gilt als reines Gedächtnismahl zum Gedenken an den Opfertod Christi.

 

Himmelfahrt

Auch für Calvin sind Brot und Wein beim Abendmahl lediglich „Zeichen und Zeugnisse“ der Gegenwart Christi, den wir leiblich aber nur in der „Höhe“, im Himmel finden.

Dort allein ist er zuhause. Es hat daher keinen Sinn, ihn hier auf Erden im Brot und Wein zu suchen. Erfahrbar wird der himmlische Leib Christi allein durch den Glauben an ihn und durch das Band des Heiligen Geistes.

Zum Abendmahl gehört nach reformiertem Ritus, dass das Abendmahl „unter beiderlei Gestalt“ (Brot und Wein) von allen empfangen wird.

 

Der Calvinismus hat heute etwa 40 Millionen Anhänger in der ganzen Welt.

Hans Jurrianensz van Baden (zugeschrieben):
      Gottesdienst in der „Nieuwezijds“- Kapelle in Amsterdam, um 1658 Utrecht, Museum Catharijneconvent;
Hans Jurrianensz van Baden (zugeschrieben):
Gottesdienst in der „Nieuwezijds“- Kapelle in Amsterdam,
um 1658 Utrecht, Museum Catharijneconvent;

 

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1 reformierte Kirche (oft auch: evangelisch-reformierte Kirche): auf die Reformation Ulrich Zwinglis und Johannes Calvins (Calvinismus) zurückgehende Kirchengemeinschaften, die hauptsächlich in der Schweiz, in Schottland, in einigen Teilen Deutschlands, in Frankreich, in Ungarn und den USA (Presbyterianer) verbreitet ist.